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Krankenhaus Ärzte beklagen Gewalt in Kliniken

Ärzte und Pflegepersonal sind mit zunehmender Gewalt konfrontiert. Drogen und Alkohol machen vielerorts Sicherheitsdienste notwendig.

Von Jörn Wegner 18.11.2016, 00:01

Magdeburg l Die Kliniken in Sachsen-Anhalt haben vermehrt mit Gewalt gegen ihr Personal zu kämpfen. Vor allem Notaufnahmen sind betroffen. Vielerorts müssen Wachleute und Polizei eingreifen. „Drogen, Alkohol und aggressives Verhalten nehmen zu“, sagt Markus Rettig, Chefarzt der Notaufnahme des Magdeburger Uniklinikums. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Übergriffe ständig gestiegen. Vor allem die Wochenenddienste wurden regelmäßig von Gewalt begleitet. „Mitarbeiter haben sich beim Personalrat geäußert. Gegangen ist aber niemand“, berichtet Rettig.

Die Konsequenz ist nun ein Sicherheitsdienst, der seit Anfang des Jahres zumindest den Nachtdienst absichert. Dessen Mitarbeiter sind besonders auf Deeskalation geschult. „Seit die Security da ist, gibt es deutlich weniger Verletzungen“, sagt Rettig.

Eine Ursache der zunehmenden Gewalt, so der Arzt, sei das Wiederaufkommen harter Drogen und übermäßiger Alkoholkonsum. „Es kommen unter Drogen stehende Patienten, die im Wahn alles kaputt schlagen.“

Ganz ähnlich sieht es am städtischen Klinikum Magdeburg aus. Hier gehört ein Sicherheitsdienst schon lange zum Inventar. Der Anteil der Gewalttäter an den Notfallpatienten liege im Promillebereich, sagt Kliniksprecherin Heike Gabriel. Bei rund 40 000 Fällen jährlich fallen die prügelnden Patienten allerdings trotzdem auf. „Wir haben hier viele Menschen mit Suchtproblematiken“, erklärt die Kliniksprecherin. Viele Notfälle würden bereits mit Polizeibegleitung eingeliefert. Wenn ein Patient gewalttätig wird, stehen Wachleute und Pfleger bereit. „Außerdem ist die Polizei gleich um die Ecke. Wir arbeiten gut zusammen“, sagt Gabriel.

„Häufiger sind verbale Entgleisungen“, sagt Heike Gabriel. Vor allem Angehörige zeigten sich oft ungeduldig und verstehen vieles nicht. Dann müssten Ärzte und Schwestern oft darunter leiden.

Ähnlich ist es an der Magdeburger Uniklinik. Problematisch seien die Patienten, die statt zum Hausarzt direkt in die Notaufnahme gehen, sagt Rettig. Dort haben aber echte Notfälle Vorrang, wodurch es zu oft langen Wartezeiten kommt. „Ungeduldige Angehörige sind aber fast noch schlimmer“, sagt der Chefarzt.

Petra Maquardt ist Pflegedienstleiterin des Harzklinikums Wernigerode. Gewalt sei ein Thema, über das Schwestern und Pfleger nicht so gern reden, sagt sie. „Vor allem ältere demenzerkrankte Patienten, die obendrein einen längeren Krankenhausaufenthalt haben, neigen zu starken emotionalen Reaktionen.“ Für die Mitarbeiter werden entsprechende Schulungen angeboten.

Aber auch die Wernigeröder Notaufnahme ist mit gewalttätigen Patienten konfrontiert. Eine Statistik gibt es nicht, und auch gefühlt sei keine Zunahme der Gewalt zu verzeichnen, sagt Oberarzt Christian Kalisch. 20 000 Patienten werden jährlich in seine Notaufnahme eingeliefert. „Meine Erfahrung ist, mit Hilfe der ärztlichen Autorität und einem gehörigen Maß an Kompetenz und Berufserfahrung gelingt es gut, deeskalierend in diesen Situationen zu agieren.“

„Hin und wieder“ gibt es Übergriffe auf Ärzte und Pflegepersonal des Klinikums Halberstadt, sagt Sprecher Sebastian Hübner. „Diese Ereignisse erstrecken sich zumeist auf die Notaufnahme.“ Problematisch seien auch in Halberstadt alkoholisierte Patienten. Zumeist wird in solchen Fällen die Polizei gerufen, so Hübner.

In der Bördeklinik Oschersleben habe es bislang noch keine Vorkommnisse gegeben, teilt deren Sprecherin mit. Trotzdem werde das Personal in Deeskalationsstrategien geschult.

Erst kürzlich hatten viele Kliniken im gesamten Bundesgebiet Alarm geschlagen und eine deutliche Zunahme der Gewalt beklagt.