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Kreisverband Börde AfD-Parteispitze handelte rechtswidrig

Schlappe für Poggenburg: Das Landesschiedsgericht der AfD in Sachsen-Anhalt hat die Auflösung des Kreisverbandes Börde endgültig gekippt.

Von Michael Bock 08.01.2018, 00:01

Magdeburg l Das Urteil des Landesschiedsgerichts ist glasklar: „Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Landesvorstands zur Auflösung des Kreisverbands Börde vom 20. Dezember 2017 rechtswidrig und damit nichtig ist.“ Der im September gewählte Kreisvorstand sei „rechtmäßig im Amt und damit handlungs- und beschlussfähig“.

Das ist eine weitere Niederlage für den Landesvorstand um Parteichef André Poggenburg. Dieser hatte einstimmig beschlossen, den Kreisverband Börde mit sofortiger Wirkung aufzulösen – und das für mindestens ein halbes Jahr. Ein Novum in Sachsen-Anhalt.

Es gebe „seit fast einem Jahr erhebliche Auseinandersetzungen und Unruhen im Kreisverband Börde“, sagte Poggenburg seinerzeit. Die Rechtslage sei immer undurchsichtiger geworden. Mit der Auflösung des Kreisverbandes sei ein gordischer Knoten durchschlagen worden: „Es ist alles auf null gestellt.“

Steffen Schroeder, im September 2017 zum Kreischef gewählt, ging beim Landesschiedsgericht gegen die Auflösung vor. Er nannte das Vorgehen des Parteivorstandes „absolut parteischädigend“. Von „stalinistischen Methoden“ sprach Wolfgang Rehfeld, ebenfalls aus der Börde-AfD.

Bereits am 22. Dezember hatte das Schiedsgericht die Auflösung zunächst gestoppt. Die Begründung für diesen Schritt reiche nicht aus, der Vorstand müsse konkretere Gründe darlegen. Das gelang dem Landesvorstand nach Auffassung des Schiedsgerichts offenkundig nicht.

Zwar lässt die AfD-Bundessatzung zu, dass ein Gebietsverband aufgelöst werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass „schwerwiegend gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei“ verstoßen wurde. Dafür aber sieht das Landesschiedsgericht im vorliegenden Fall keine Grundlage.

Zu hören ist, dass jetzt Mitglieder des Landesschiedsgerichts parteiintern teils heftig unter Beschuss genommen werden. „Die stehen unter Feuer“, erzählt einer, der es wissen muss. Dem Vernehmen nach werden die Richter von einigen als Verräter beschimpft, weil sie den Plan des Poggenburg-ergebenen Landesvorstands durchkreuzt haben.

Beim AfD-Landesparteitag am 27. Januar soll ein neues Landesschiedsgericht gewählt werden. Der Präsident des Schiedsgerichts, der Halberstädter Rechtsanwalt Christian Hecht, und Ersatzschiedsrichter Ronald Bischoff sind derzeit nur kommissarisch im Amt, im vorigen Jahr vom Bundesschiedsgericht eingesetzt.

Hinter den Kulissen brodelt es jetzt gewaltig. Gemunkelt wird, dass es in der Parteispitze Bestrebungen gibt, die für einige zu unbequem gewordenen Schiedsrichter loszuwerden und neue wählen zu lassen. Laut Poggenburg hat die Entscheidung der Richter „vielleicht Auswirkungen“ auf die Wahl des neuen Landesschiedsgerichts. Es gebe bestimmt andere Kandidaten, „die das machen würden“, sagte er.

Hecht und Bischoff galten noch bis vor kurzem als Poggenburg-Anhänger. Erzählt wird, dass die Parteispitze sie als willfährige Handlanger nutzen wollte. Doch dieses Kalkül ist offenkundig nicht aufgegangen.

Das AfD-Bundesschiedsgericht gibt dem Landesschiedsgericht indes Rückendeckung. In einer Urteilsbegründung heißt es: „Die Richter des Landesschiedsgerichts sind keine politischen Richter, sie sind sich selbst und ihrem eigenen Gewissen gegenüber verantwortlich. Natürlich entscheiden sie in politischen Fragen, sind aber niemandem unterworfen.“

Aus der Börde kommen etwa 50 der 670 AfD-Mitglieder in Sachsen-Anhalt. Der Kreisverband ist in zwei Lager geteilt, die sich befehden.