1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Landesamt sieht hohe Zinsrisiken für Kommunen

Behördenchef Pleye: Kassenkredite auf besorgniserregendem Niveau / Mahnung zu Schuldenabbau Landesamt sieht hohe Zinsrisiken für Kommunen

Von Winfried Borchert 14.01.2012, 04:21

Das Landesverwaltungsamt hat die Kommunen in Sachsen-Anhalt vor einer Kostenlawine im Fall steigender Zinsen gewarnt. Der Präsident der Behörde, Thomas Pleye (CDU), mahnte, so rasch wie möglich Schulden abzubauen.

Halle l Trotz zumeist schmerzhafter Einsparungen schieben die Landkreise, Städte und Gemeinden im Land einen Schuldenberg von rund einer Milliarde Euro vor sich her. Nach Pleyes Angaben umfasst diese Summe lediglich die sogenannten Kassenkredite, mit deren Hilfe die Kommunen in den Vorjahren ihre Haushaltsdefizite gestopft haben. Zu diesem Schuldenberg hinzu kommen längerfristige Bankdarlehen, mit denen Investitionen finanziert worden sind.

"Es ist wichtig, die Altfehlbeträge so rasch wie möglich abzubauen. Eine Zinserhöhung würde den Handlungsspielraum der betroffenen Kommunen massiv einschnüren", warnte Pleye.

Zurzeit haben hochverschuldete Städte, Gemeinden und Kreise vergleichsweise Glück, denn die Zinsen sind angesichts der Finanzkrise seit zwei Jahren auf einem historisch niedrigen Stand. Volker Harms, Referatsleiter für Kommunalaufsicht in der Landesbehörde, sagte: "Kassenkredite sind zurzeit fast immer mit Zinssätzen von unter zwei Prozent zu bekommen. Wenn dieser Satz aber plötzlich um zwei Punkte steigen würde, bekämen einige erhebliche Schwierigkeiten."

Pleye wies darauf hin, dass die Kommunen in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen haben, wenigstens die aktuellen Haushaltspläne ohne neue Kassenkredite auszugleichen, also das sogenannte strukturelle Defizit abzubauen. "Bei den Landkreisen und kreisfreien Städten sind auf diesem Gebiet deutliche Fortschritte zu erkennen." Konnten im Jahr 2010 im Land lediglich drei von 14 Landkreisen und kreisfreien Städten einen ausgeglichenen Etat vorweisen, waren es im Jahr darauf bereits elf. Selbst die drei Sorgenkinder Halle, Dessau-Roßlau und Magdeburg erreichten Verbesserungen. Magdeburg und Dessau-Roßlau konnten ihre Defizite halbieren, Halle lediglich um 15 Prozent senken. Laut Prognosen des Landesverwaltungsamtes wird Halle voraussichtlich auch bis weit nach 2020 benötigen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und zugleich seine alten Kassenkredite zu tilgen. Die Landkreise Harz und Wittenberg sollen diesen Punkt 2019 erreichen, der Salzlandkreis sowie Dessau-Roßlau ein Jahr früher. Saalekreis, Burgenlandkreis sowie das Mansfelder Land sind schuldenfrei.

Thomas Pleye betonte, seine Behörde sehe sich nicht nur als Aufsicht, sondern vor allem als Berater der Kommunen.

Unklar ist, warum sich Halle im Vergleich zu anderen Großstädten mit dem Schuldenabbau schwer tut. Auf Fragen danach verwies Volker Harms auf Magdeburg, das "stringent den Abbau des strukturellen Defizits betreibt".

Dagegen treiben die Finanzprobleme der Stadt Halle den Verantwortlichen im Landesverwaltungsamt Sorgenfalten auf die Stirn. Im Vorjahr sah sich die Kommunalaufsicht genötigt, den Halleschen Haushalt zu beanstanden. Die Stadt hat große Probleme, Eigenanteile für Förderprogramme aufzubringen, beispielsweise für die Stadtsanierung.

Unter Vorbehalt habe die Behörde der Stadt jetzt 6,1 Millionen Euro Fördermittel für die Vorjahre überwiesen. Bis Ende Februar hat die Stadt Zeit, die ordnungsgemäße Verwendung von Mitteln in dieser Höhe zu belegen. "Ansonsten müssen wir ab diesem Zeitpunkt für die nicht belegte Summe Zinsen erheben", sagte Städtebau-Referatsleiterin Gabriele Neugebauer. Allerdings mit deutlich mehr als zwei Prozent.