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Landesparteitag Grüne hadern mit dem Kenia-Bündnis

Die Bundestagskandidaturen geraten auf dem Parteitag der Grünen in Sachsen-Anhalt fast zur Nebensache. Es knirscht in der Kenia-Koalition.

23.10.2016, 23:01

Halle l Auf eine längere persönliche Vorstellung verzichtet Steffi Lemke am Sonnabend, sie spricht lieber Klartext. Klimakrise aufhalten, sozialen Ausgleich neu organisieren und vor allem: Demokratie und Parlamentarismus gegen die Rechtspopulisten verteidigen. „Wir Grüne dürfen uns nicht in Details verlieren, wir müssen im Bundestagswahlkampf die großen Debatten führen“, fordert Lemke und wird wenig später mit 93 Prozent von den Delegierten zur Spitzenkandidatin gekürt.

Die Grünen in Sachsen-Anhalt geben sich dieser Tage geschlossen, sie fühlen sich vom Aufstieg der AfD gefordert, die aus ihrer Sicht die deutsche Gesellschaft spalte und zunehmend zu einer Bedrohung für die Demokratie werde. Extra zum Parteitag angereist ist die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt. „Wir stehen vor einem verdammt harten Bundestagswahlkampf“, schwört sie ihre Parteifreunde ein, „wir sind die einzige Partei, die noch für eine echte Willkommenskultur und für Integration steht.“

Die AfD, so Göring-Eckardt, wolle den politischen Diskurs nach rechts verschieben. „Wenn sich Frauke Petry in Frankreich mit der Rechtspopulistin Marie Le Pen trifft, dann zeigt das, wo es hingehen soll.“

Weil die Zustimmung zur AfD auch abhängt vom Auftritt ihrer politischen Mitbewerber, wächst bei den Grünen die Unzufriedenheit mit der Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt. „Das ist die ungewöhnlichste Koalition, die man sich vorstellen kann“, sagt Göring-Eckardt noch zurückhaltend.

Grünen-Landeschef Christian Franke wird deutlicher: „Kenia ist bislang nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig gewesen“, sagte er mit Blick auf die politischen Spannungen zwischen CDU und SPD, die sich nach dem Rücktritt des CDU-Landtagspräsidenten und der Affäre um Beraterverträge zuspitzten.

Zwar sei es des Grünen trotz der Reibereien gelungen, wichtige Projekte wie den Ausstieg aus der Kohle bis 2030 und ein Sofortprogramm zum Umweltschutz voranzubringen. Und Sachsen-Anhalt werde Freihandelsabkommen wie Ceta und TTIP auf Druck der Grünen nicht im Bundesrat zustimmen. Doch „die Koalition könnte noch viel mehr schaffen, wenn wir uns nicht immer wieder mit ungeklärten Konflikten aus zehn Jahren schwarz-roter Regierungszeit beschäftigen müssten“, so Franke.

Mit Blick auf Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) und seine Forderungen nach einer Obergrenze für Flüchtlinge ergänzte er: „Wer so tut, als könne er rechtspopulistische Forderungen besser erfüllen als die Rechtspopulisten selbst, der macht etwas falsch.“

Ziel der Grünen sei es nun, inhaltlich weiter voranzukommen, um bei den Wählern zu punkten. Das betont auch Landtagsfraktionschefin Cornelia Lüddemann. „Wir werden die grüne Handschrift deutlich machen und nach draußen tragen.“ Doch bei der Ökopartei fragt man sich, wie das mit den Streithähnen bei CDU und SPD gelingen kann, zumal der Bundestagswahlkampf quasi vor der Tür steht. Dauerhaft den Streitschlichter zu spielen, reicht ihnen jedenfalls nicht.