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Landtag AfD jammert über Ausgrenzung

Der Landtag hat am Freitag über den „Verfall der demokratischen Kultur in Sachsen-Anhalt“ debattiert - auf Antrag der AfD.

Von Michael Bock 26.11.2016, 00:01

Magdeburg l Das Kinder- und Jugendpfarramt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland wollte den Landtag, wie schon im Vorjahr, im Dezember zur Adventsaktion „Jugend trifft Politik“ einladen. Bei Glühwein und Würstchen wollte man miteinander ins Gespräch kommen. Eigentlich.

Doch Landesjugendpfarrer Peter Herrfurth hat die Veranstaltung wegen der AfD abgesagt. In einem Schreiben an die Abgeordneten von CDU, Linken, SPD und Grünen heißt es: „Die Einladung an den Landtag, die auch die AfD-Fraktion einschließt, ist für uns in der geplanten Form nicht vertretbar. Denn wir wollen unmissverständlich deutlich machen, dass die Evangelische Jugend für Vielfalt, Respekt und Menschenwürde steht.“ Die AfD vertrete Meinungen, „die in vielen Bereichen nicht mit den von uns vertretenen Grundwerten vereinbar sind“. Man wolle sich einer Auseinandersetzung mit der AfD stellen. Aber: „Dies scheint uns bei der geplanten Adventsaktion nicht möglich.“

Durch Absagen wie diese wähnt sich die AfD in der Opferrolle. Im Landtag gab es auf AfD-Antrag eine emotional geführte Debatte. Die AfD begründete den Antrag so: „Die demokratische Kultur in unserem Land hat in den letzten Monaten großen Schaden genommen.“

Die „herrschende Politik“ bilde den Mehrheitswillen der Bevölkerung nicht mehr ab. „Wer abweichende Meinungen vertritt, wird immer häufiger pauschal abgestempelt und ausgegrenzt, weshalb viele Bürger die Meinungsfreiheit bedroht sehen. Ein aufgeheiztes Klima ist entstanden.“ AfD-Fraktions- und Landeschef André Poggenburg beklagte, dass die „regelmäßige Ausgrenzung und Diffamierung der AfD ein ernsthaftes Demokratiedefizit“ offenbare. Er behauptete, dass „sogar in unseren Schulen links­ideologisch indoktriniert und Jugendlichen das Demokratieverständnis förmlich aberzogen wird“.

SPD-Fraktionschefin Katja Pähle warf der AfD „Scheinheiligkeit“ vor: „Anders lässt es sich nicht beschreiben, wenn man regelmäßig verbal und schriftlich provoziert und sich dann über die Polarisierung der Gesellschaft und die Aufheizung des Klimas beschwert.“ Und: „Zu den unverhandelbaren Werten der Demokratie zählen Minderheitenschutz und Pluralismus sowie unveräußerliche Grund- und Menschenrechte.

Der Landtag habe in den letzten Monaten einige Tiefpunkte erleben müssen. So habe ein AfD-Abgeordneter im Zusammenhang mit Homosexuellen von „Fehlern der Natur“ und „Normabweichungen“ gesprochen. Pähle: „Wenn sich die Grenzen des Sagbaren zu Lasten einzelner Gruppen von Menschen verschieben, besteht die reelle Gefahr, dass sich auch die Grenzen des Machbaren immer weiter verschieben. Dass Ressentiments zu Hass werden und Hass zu Handlung wird, können wir im verstärkten Anstieg entsprechender Straftaten sehen.“

„Ja, die demokratische Kultur, der politische Diskurs in unserem Land hat Schaden genommen“, sagte Linke-Fraktionschef Swen Knöchel. Aber die AfD habe „diesen Schaden maßgeblich verursacht. Indem Sie versuchen Menschen mit einem längst überkommenen Volksbegriff in immer mehr nicht dazugehörende Minderheiten zu spalten.“ Die AfD sei „bewusst verletzend und ausgrenzend gegen viele Gruppierungen“, sagte Knöchel.

Grünen-Politiker Sebastian Striegel sagte: „Die Ausgrenzer fühlen sich ausgegrenzt. Der Rüpel auf dem Pausenhof beklagt, dass niemand mit ihm spielen will.“ Striegel: „Sie leben von der Spaltung. Ihre Tränen bleiben Heuchelei. Weinerlichkeit gehört zu Ihrem Programm.“

CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt sagte, seine Fraktion grenze die AfD nicht aus, sie grenze sich aber klar ab. „Wir müssen wieder zu einer Diskussionskultur zurückkehren, die die Auffassung des Gegenübers akzeptiert, ohne ihn zu denunzieren“, sagte er. „Treten wir Populisten in einem moderaten und sachlichen Ton gegenüber.“