1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Der Schutzengel mit der Volksstimme

Lebensretterin Der Schutzengel mit der Volksstimme

Zustellerin Marion Bollmann rettet bereits das zweite Mal Leben. Mit ihrer Hilfe können drei Menschen aus einem brennenden Haus fliehen.

Von Jörg Niemann 13.06.2017, 01:01

Danstedt l Normalerweise ist es im beschaulichen 500-Einwohner-Dorf Danstedt im Vorharz ruhig, wenn Volksstimme-Zustellerin Marion Bollmann morgens um 5.30 Uhr ihre Runden dreht. Ganz anders verlief ihre Schicht am Sonnabend. Die 57-Jährige wurde durch ihr beherztes Eingreifen zur Retterin – und das nicht zum ersten Mal in ihrem Leben.

Marion Bollmann war mit ihrem Mann Thomas im Ort unterwegs, als sie sah, wie aus einen angekippten Fenster eines Hauses Flammen schlugen. „Wir riefen sofort per Handy die Feuerwehr und versuchten, die Hausbewohner zu verständigen“, sagt die Zustellerin. Mehrfaches Sturmklingeln, lautes Rufen sowie an die Tür schlagen schienen zunächst nicht zu helfen.

Schließlich öffnete sich die Haustür doch. „Eine völlig rußgeschwärzte Frau stolperte heraus“, erinnert sich Marion Bollmann. Zwischenzeitlich vernahm die Zustellerin ein Zischen im Haus. Dann seien die Flammen weg gewesen und es habe nur noch gequalmt. Kurz nach der völlig geschwärzten Frau erschienen deren Tochter und wenig später auch deren Lebensgefährte. Der Schock stand allen in die verrußten Gesichter geschrieben, doch sie lebten. Marion und Thomas Bollmann hatten ihnen durch ihr entschlossenes Handeln das Leben gerettet.

Die kurz darauf anrückende Feuerwehr musste den Brand nicht mehr löschen. Das Zischen, das Marion Bollmann während der dramatischen Rettungsaktion gehört hatte, hatte der Lebensgefährte der Tochter der Bewohnerin verursacht. Mit einem Gartenschlauch hatte er das Feuer gelöscht. Das wiederum brachte Denis Grabach, Chef der Freiwilligen Ortsfeuerwehr Danstedt, noch am Brandort in Rage. „So couragiert das zunächst aussah, sein Handeln hätte ihn das Leben kosten können“, sagt Grabach. Der Brand ging wahrscheinlich von einem elektrischen Gerät aus, und der junge Mann sei beim Löschen barfuß gewesen, so der Feuerwehrchef. „Da muss noch ein zweiter Schutzengel im Spiel gewesen sein“, so Grabach.

Für Marion Bollmann und ihren Mann Thomas war der aufregende Morgen allerdings nicht die erste Lebensrettung. Kurz nach der Wende hatten sie ein ähnliches Erlebnis. Während einer Autofahrt passierten sie Lüttgenrode, heute ein Ortsteil der Stadt Osterwieck. Auch da brannte es in einem Haus, Flammen schlugen aus einem Fenster. Damals waren die Bollmanns ebenfalls die Ersten am Brandort und verständigten die Bewohner, die sich wie jetzt in Danstedt ebenfalls noch im Haus befanden.

Eine Frage wird Marion Bollmann noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Während die Feuerwehren am Haus arbeiteten, kam die Bewohnerin zu ihr und fragte: „Meine Zeitung kriege ich doch aber trotzdem, oder?“ Na klar, bekam sie die, obwohl der nächste Weg der Danstedterin direkt in ein Krankenhaus führte.