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Lehrergewerkschaft 60-jährige Lehrer sollen Vollzeit arbeiten

Sachsen-Anhalts Finanzminister Schröder und Bildungsminister Tullner wollen über eine Erhöhung der Arbeitszeit von Lehrern diskutieren.

Von Alexander Walter 19.06.2019, 10:17

Magdeburg l Am Rande der Landtagssitzung wollen Finanzminister André Schröder und Bildungsminister Marco Tullner (beide CDU) am Mittwoch zum vertraulichen Vermittlungsgespräch zusammenkommen. Der Inhalt ist brisant. Dem Vernehmen nach wird es um mögliche Arbeitszeiterhöhungen für Lehrer ab dem kommenden Schuljahr gehen.

Nach Volksstimme-Informationen wünscht das Haus von Schröder mehr Effizienz in Sachsen-Anhalts Schulen – im Gegenzug für eine Besserbezahlung von Überstunden, die das Bildungsministerium anstrebt.

Eine Kabinettsvorlage des Finanzministers mit konkreten Vorschlägen für Arbeitszeit-Verschärfungen hat Tullners Behörde bislang allerdings nicht mitgetragen. Konkret geht es um Kürzungsvorschläge bei Abmilderungsstunden älterer Kollegen ab 60 Jahre und um die Streichung von Anrechnungsstunden für den aufwendigen Unterricht in der Abitur-Stufe. Eine von Lehrergewerkschaften Mitte Mai veröffentlichte Arbeitsversion sah in beiden Bereichen nicht unerhebliche Verschärfungen vor. Kollegen ab 60 etwa dürfen bislang pauschal zwei Stunden pro Woche weniger unterrichten. Ein Gymnasiallehrer über 60 fällt auf diese Weise von 25 auf 23 Pflichtwochenstunden.

Künftig soll es laut Vorlage ein weniger großzügigeres Staffel- modell geben: Ab dem vollendeten 62. Lebensjahr gäbe es demnach erstmal nur eine Entlastungsstunde, mit jedem weiteren Jahr eine mehr. Endpunkt wären fünf Stunden Entlastung pro Woche im Alter von 66 Jahren.

Nach Angaben des Philologenverbandes ergäben sich mit dem zusätzlichen Wegfall von Anrechnungsstunden für den Unterricht in der Abiturstufe im Laufe eines Gymnasiallehrer-Arbeitslebens 750 Stunden unbezahlte Mehrarbeit. Das entspräche 30 Wochen. Nachdem die Vorschläge Mitte Mai erstmals bekannt geworden waren, hatte der Verband das Bildungsministerium unverzüglich zu Verhandlungen aufgefordert.

Das Ministerium sieht sich in einer Zwickmühle. Um die angespannte Unterrichtsversorgung zu verbessern, will Marco Tullner Überstunden künftig vorzugsweise auszahlen lassen. Bislang dürfen Lehrer maximal 80 Überstunden über ein Schuljahr ansammeln. Im folgenden Jahr sind diese dann abzubummeln. Weil das wegen des Lehrermangels oft nicht klappt, hatte Tullner den Kollegen im Herbst erstmals angeboten, sich Mehrarbeit oberhalb der 80-Stunden-Marke bezahlen zu lassen. Gewerkschaften kritisierten damals unter anderem die niedrigen Sätze von 33 Euro pro Stunde. Hier will Tullner jetzt auf 43 Euro nachbessern. Dafür wird er dem Finanzminister aber wohl etwas anbieten müssen. Der hat seinerseits Argumente: So arbeiten Sachsen-Anhalts Lehrer laut einer Übersicht der Kultusministerkonferenz noch immer oft weniger als Kollegen anderer Länder.

Die Lehrergewerkschaft GEW hält die Kürzungsdebatte indes für inakzeptabel. Kämen die Verschärfungen, dürften vor allem ältere Kollegen noch häufiger ausfallen als bislang schon, sagte GEW-Sprecher Alexander Pistorius.

Die GEW hat die Kollegen für Mittwoch, 16.30 Uhr, zur Demo vor dem Landtag aufgerufen. „Wir rechnen mit bis zu 500 Teilnehmern“, sagte Pistorius.