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VerkehrsunfälleStaus machen A 2 zur Unfall-Piste

Auf der Autobahn 2 in Sachsen-Anhalt ist allein im Jahr 2017 die Zahl der Lkw-Unfälle um elf Prozent angestiegen. Was sind die Gründe?

Von Matthias Fricke 13.09.2017, 01:01

Magdeburg l Vier Sattelzüge sind in der Nacht zum Dienstag auf der Autobahn 2 bei Lostau am Stauende eines langsam vorausfahrenden Schwertransporters ineinander gefahren. Es gab zwei Schwerverletzte. Der 34-jährige polnische Unfallverursacher und ein 53-jähriger Lkw-Fahrer aus Erfurt mussten von der Feuerwehr aus ihren Wracks befreit werden. Bei einem Folgeunfall wurde ein weiterer Autofahrer verletzt. Die A 2 war mehrere Stunden voll gesperrt. Zum fast alltäglichen Wahnsinn auf der wichtigsten Ost-West-Achse sagt Doreen Günther von der Autobahnpolizei Börde: „Am Stauende kracht es besonders häufig.“ Seit 2011 stiegen die Unfälle mit Lkw-Beteiligung auf der A 2 von 563 auf 612 im vergangenen Jahr. Im Schnitt wurden 70 Prozent von den Lkw-Fahrern verursacht. Doch woran liegt das?

Faktor Mensch: „Offenbar lässt die monotone Strecke bei vielen Lkw-Fahrern die Aufmerksamkeit schwinden“, sagt Günther. Hinzu komme der wirtschaftliche Druck. Während auf Sachsen-Anhalts Autobahnen insgesamt Lkw an nur jedem dritten Unfall beteiligt sind, ist es auf der A 2 jeder zweite.

Unfallanalytiker Kay Morschheuser von der Daimler AG hat mit seinen Kollegen 1000 Unfälle auf Autobahnen untersucht und festgestellt, dass ein Viertel der Fahrer vor dem Aufprall nicht einmal gebremst hatte. Es werde während der Fahrt oft telefoniert oder gar ferngesehen. Das soll laut Verkehrsministerium künftig härter bestraft werden. Gemeinsam mit Bayern und Niedersachsen wurde eine Änderung der Straßenverkehrsordnung angeregt. Damit soll das bisherige Handyverbot auch auf andere Geräte wie Fernseher ausgeweitet werden. Geforderte Strafe: 150 Euro plus einen Monat Fahrverbot. Das soll am 22. September im Bundesrat beschlossen werden.

Zu wenige Pausen: Allein 2016 kontrollierte die Autobahnpolizei Börde 6000 Lkw. Dabei wurden 55 Prozent beanstandet, meist wegen Nichteinhaltens der Lenk- und Pausenzeiten.

Druck auf Fahrer: Martin Bulheller vom Bundesverband Güterkraftverkehr spricht vom „gnadenlosen Zeitregime“ und Personalnot. In Deutschland werden jährlich nur noch 15.000 Lkw-Führerscheine ausgegeben. 20.000 bis 30.000 Kraftfahrer gehen zeitgleich aber in den Ruhestand. Das bedeutet auch stärkere Belastung der Fahrer durch Extraschichten. Außerdem fehlt es massiv an für die vorgeschriebenen Ruhezeiten nötigen Parkplätzen.

Mehr Lkw: Auf der A 2 stiegen die Zahlen von 2013 mit 5,9 Millionen Lkw pro Jahr auf 6,1 Millionen 2016. Die A 2 befahren doppelt so viele Lkw wie die A 14.

Immer mehr Baustellen: Es gibt so viele Baustellen auf Autobahnen wie seit Jahren nicht mehr, bestätigt der Chef der Landesstraßenbaubehörde, Uwe Langkammer. Zum Betonkrebs kommen nach 20 Jahren nun auch Verschleißreparaturen. Baustellen produzieren Staus und damit potenzielle Unfallquellen. Langkammer: „Mindestens sechs Kilometer vorher gibt es aber erste Schilder. Dann alle zwei Kilometer.“

Fehlende Notbremsassistenten: Seit November 2015 sind sie bei allen Neuzulassungen vorgeschrieben. Experten schätzen, dass höchstens die Hälfte aller Lkw damit ausgerüstet ist. Alexandra Kruse vom ADAC: „Wir wissen, dass die Bremssysteme von den Fahrern leider oft ausgeschaltet werden.“