Bundesregierung will gemeinnützige Organisationen stärken Mehr Geld für Ehrenamtliche
Gute Nachrichten für viele der rund 19000 Vereine in Sachsen-Anhalt: Die Bundesregierung will mit einem Maßnahmenpaket ab 2013 gemeinnützige Organisationen und Ehrenamtliche stärken. Die Maßnahmen gehen jedoch an der ostdeutschen Lebenswirklichkeit vorbei, sagen Kritiker.
Berlin/Magdeburg l An ungezählten Abenden und Wochenenden opfern hunderttausende Sachsen-Anhalter ihre Freizeit und engagieren sich für ihre Mitbürger - als Kampf- oder Schiedsrichter bei Sportveranstaltungen, als Ausbilder bei der Freiwilligen Feuerwehr, als Organisatoren für Konzerte oder Ausstellungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Sie sind Grundpfeiler der Gesellschaft, sagt die Bundesregierung - und will deshalb das "Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz" auf den Weg bringen.
Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Maßnahmenpaket, das viele Auflagen und Regelungen für Vereine und dort Tätige vereinfachen soll - von mehr Steuer- und Haftungsfreiheit über die Mittelverwendung bis hin zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit (siehe Infokasten).
Der Landessportbund als Vertreter von rund 3150 Sportvereinen mit über 10000 Übungsleitern applaudiert: Es sei richtig, dass es für diesen Personenkreis, der für das Gemeinwohl unschätzbare Werte erbringe, steuerliche Entlastungen gebe. "Für die Vereine ist das eine ganz wertvolle Hilfe", sagt auch Karl-Edo Hecht, Präsident des in der 2. Bundesliga spielenden Magdeburger Frauenfußballclubs.
Michael Rusche, Vorsitzender des MSV Börde, begrüßt die Möglichkeit, endlich Rücklagen bilden zu können. Es sei "grober Unfug, dass das nicht schon jetzt möglich ist". Die restlichen Neuerungen gehen für ihn jedoch an der Lebenswirklichkeit vieler Vereine vorbei, denn die wenigsten könnten so hohe Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen zahlen, um von der Neuregelung zu profitieren und Haftungsfragen seien eh durch eine Versicherung abgedeckt. Wirklich helfen würde vielen Vereine eine Betriebskostenermäßigung, wie sie die Stadt Magdeburg gewähre.
Olaf Ebert, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Sachsen-Anhalt, begrüßt den Entwurf insgesamt, warnt aber vor der Monetarisierung des Ehrenamtes. "Es sollte um Unkostenerstattung gehen, nicht um bessere Verdienstmöglichkeiten." Ebert wünscht sich nicht nur steuerliche Erleichterungen, sondern eine umfassende Engagementpolitik gerade für das flache Land. Gerade junge Leute und auch Senioren bräuchten mehr Möglichkeiten, sich einzubringen.
Nach Ansicht des Sozialministeriums sind Nutznießer der Neuregelungen vor allem große Vereine, die erhebliche Einnahmen haben, Steuern zahlen und mit vielen bezahlten Hauptamtlichen arbeiten. Sachsen-Anhalt habe eher kleinere Vereine, die wirklich von und mit dem Ehrenamt leben. Aufgrund des geringeren Einkommensniveaus im Osten sei darauf zu achten, dass es bei Steuerentlastungen keine Ungerechtigkeiten gebe.
"Auch bleibt zu fragen, welche Anreize es für Ältere gibt, die längst im Ruhestand sind und daher gar keine Einkommenssteuer zahlen, aber dennoch zu 100 Prozent im Ehrenamt aktiv sind", so ein Sprecher.
Den Plänen des Bundesfinanzministeriums zufolge soll das Gesetz im März 2013 verabschiedet werden und rückwirkend von Jahresanfang gelten. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des Bundesrates, in dem Schwarzgelb keine Mehrheit hat. Zum Nulltarif gibt es die Erleichtungen für die Ehrenamtler nicht - laut Regierungskreisen entgehen der Sozialversicherung so 115 Mio. Euro Einnahmen jährlich. Bund, Länder und Kommunen büßen durch die Erhöhung der Freibeträge insgesamt 110 Millionen Euro an Steuergeldern ein.