Bundestag billigt umstrittene Ausweitung des Euro-Rettungsschirms Merkel holt Kanzlermehrheit - Bundestag sagt Ja zu Euro-Hilfen
Aufatmen in der schwarz-gelben Regierung: Der Bundestag hat die umstrittene Ausweitung des Euro-Rettungsschirms mit der politisch wichtigen Kanzlermehrheit gebilligt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht - trotz 15 Abweichlern in den eigenen Reihen - gestärkt aus der Abstimmung hervor. SPD und Grüne trugen die Erweiterung mit. Die Linke war dagegen.
Berlin (dpa). Die deutschen Steuerzahler haften bei Nothilfen für Krisenländer künftig mit 211 Milliarden Euro. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies Befürchtungen vor noch höheren verstecken Haftungsrisiken zurück.
Union und FDP erreichten in namentlicher Abstimmung gemeinsam 315 Ja-Stimmen. Für die Kanzlermehrheit von Schwarz-Gelb waren mindestens 311 Ja-Stimmen der Koalition nötig. Insgesamt waren von 611 anwesenden Abgeordneten 523 für den neuen Euro-Schirm, 85 waren dagegen, 3 enthielten sich.
Union und FDP hatten wochenlang um die Kanzlermehrheit zittern müssen. Bei CDU und CSU stimmten 226 Abgeordnete mit Ja, 10 mit Nein (davon 4 aus der CSU). Es gab eine Enthaltung im Unionslager. In der FDP-Fraktion gab es 89 Ja-Stimmen, 3 Nein-Voten und 1 Enthaltung.
Mit Deutschland haben nun 10 der 17 Euro-Länder der EFSF-Reform zugestimmt.
FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler sprach von einem "klaren Sieg der Koalition". Merkel selbst sei sehr zufrieden, hieß es im Kanzleramt. Die EU-Kommission begrüßte die Entscheidung.
Für Zündstoff zwischen Regierung und Opposition sorgt eine mögliche nochmalige Stärkung des EFSF-Fonds über die jetzige Reform hinaus. Reizwort ist "Hebelwirkung", mit der die Summe der EFSF-Notkredite von 440 Milliarden Euro über zusätzliche Geldgeber und Absicherungen vervielfacht werden könnte.
Schäuble betonte, Verdächtigungen und Diffamierungen von SPD und Grünen, er wolle den Bundestag täuschen, seien "unanständig und unseriös". Die Haftungssumme von 211 Milliarden Euro könne nicht ohne eine neue Entscheidung des Parlaments vergrößert werden.
Nach Meinung von Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) reichen die bisherigen Rettungsschirme nicht aus. "Ich bin mir ganz sicher, dass wir bei Griechenland an einem Schuldenschnitt unter Einbeziehung der Gläubiger nicht vorbeikommen", sagte Steinbrück, der als möglicher SPD-Kanzlerkandidat gehandelt wird.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte an die Adresse der Kanzlerin: "Diese Krise ist zu groß für kleine Schritte - und offensichtlich zu groß für Sie."
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi erwartet trotz der Kanzlermehrheit schon im nächsten Jahr Neuwahlen. Dazu könnte es kommen, wenn ein Mitgliederentscheid bei der FDP den für Mitte 2013 geplanten dauerhaften Rettungsschirm ESM blockieren würde.
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