Universität in Amman arbeitet mit mehr als 70 deutschen Hochschulen zusammen / Netzwerk wird in Magdeburg koordiniert Millionenschweres Hochschulprojekt macht Jordanier fit für die Wirtschaft
Magdeburg/Amman l Dick eingemummelt steht Sajioda Athamneh auf dem Campus der Hochschule Magdeburg-Stendal. Ihr Blick wandert zu den kahlen Linden. "Bei uns wachsen Pfirsichbäume", sagt die Studentin etwas wehmütig. Mit "bei uns" meint sie die Deutsch-Jordanische Universität in Amman, an der sie eingeschrieben ist - ein Projekt, das von beiden Regierungen mit je knapp einer Million Euro pro Jahr gefördert wird. Gerade hat der Bund die Unterstützung um vier Jahre verlängert. Koordiniert wird das Ganze in Sachsen-Anhalt.
Team in Magdeburg organisiert Auslands- jahr an deutschen Hochschulen
Die Magdeburger Fachhochschule ist seit 2004 Projektleiter. Von dort aus organisieren vier Mitarbeiter zum Beispiel die Deutschlandaufenthalte von jährlich hunderten Studenten. "Jeder geht für ein Semester an eine von mehr als 70 Partnerhochschulen und für ein weiteres in eine Firma", berichtet Rektor Andreas Geiger mit stolz geschwellter Brust. "Für Sachsen-Anhalt ist es eine Ehre, dass die Koordinierung hier erfolgt. Schließlich handelt es sich um das ambitionierteste Bildungsexportprojekt der Bundesregierung."
Sajioda Athamneh ist seit September in der Landeshauptstadt. Einen Praktikumsplatz hat sie noch nicht. Aber wohin sie will, weiß die 22-Jährige schon genau: "Am liebsten ins Marketing einer Autofirma." Die junge Frau ist angehende Industrie-Ingenieurin. Damit gehört sie zur Masse der Studierenden an der "German-Jordanian University" - so der englische Originalname. Denn mehr als die Hälfte ist in ein ingenieurwissenschaftliches Fach eingeschrieben. Kein Wunder: Der gute Ruf der deutschen Industrie hat sich längst bis in das arabische Land herumgesprochen.
Labib Khadra ist Rektor der Hochschule in Amman. Für einen eher zurückhaltenden Mann wirken seine ausführlichen Erzählungen über die internationale Kooperation beinahe schwärmerisch. "Zwischen den Erwartungen unserer Wirtschaft und den Fähigkeiten der Absolventen gab es eine große Kluft", beginnt er sie. Dann erinnert er sich, wie die Idee entstand, mit deutschem Know-How eine Brücke zu schlagen. Wie der erste Durchgang mit 100 Studenten startete. Wie 2012 die damalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan zur Eröffnung des neuen Campuses anreiste - mittlerweile studierten dort 3000 junge Menschen.
Besonders der intensive Praxisbezug sei es, der die Zusammenarbeit so wertvoll mache, erzählt Khadra weiter. Denn auch wenn es mehrere deutsche Hochschulen im Ausland gibt: "Wir sind die einzige in staatlicher Hand, die ihre Studenten nach dem Vorbild deutscher Fachhochschulen ausbildet." Die Resonanz der Unternehmen sei hervorragend, sagt er. "Einige Firmen in Jordanien stellen nur unsere Absolventen ein." Dafür lohne es sich für die Regierung, Millionen auszugeben - auch wenn das für solch einen kleinen Staat viel Geld ist. Außerdem gibt es noch einen zweiten Anreiz: "Für die Investitionen des Staates werden ihm Schulden erlassen." Benötigt wird das Geld vor allem für Lehrer. Ein Drittel der Dozenten kommt aus Deutschland. Studiengebühren werden trotz Förderung fällig, rund 3000 Euro im Jahr. Allerdings erhielten 30 Prozent Stipendien, sagt Khadra.
Bei den Absolventen fallen auch für Deutschland Fachkräfte ab
Von den Absolventen fallen nicht nur Fachkräfte für Jordanien ab. Der Rektor berichtet: "Etwa ein Drittel geht nach dem Bachelor-Abschluss nach Deutschland." So wie Saif Omari. Der 24-Jährige ist angehender Energie-Ingenieur und beginnt im Frühjahr sein Praktikum. "Später möchte ich in Deutschland den Master machen oder arbeiten", erzählt er. Schließlich könne er hier viel lernen, vor allem über sein Steckenpferd Solarenergie.
Sajioda Athamneh hat andere Pläne: "Die kleine Hochschule hier gefällt mir zwar. Aber ich möchte zurück nach Jordanien." Die Zeit in Deutschland wird ihr später weiterhelfen, da ist sie sicher. "Das macht sich bestimmt gut im Lebenslauf." Dafür lohnt es sich auch, Pfirsichbäume gegen kahle Linden zu tauschen.