Gewerkschaft Verdi verteidigt kurzfristige Umsetzung / Mitarbeiter erhalten künftig 1900 Euro im Monat Mindestlohn bringt Bildungsträger ins Schlingern
Magdeburg l Seit 1. August gilt in der Weiterbildungsbranche bundesweit ein Mindestlohn. In Sachsen-Anhalt befürchten nun private Anbieter den Verlust von Arbeitsplätzen - nicht wegen der steigenden Personalkosten an sich, sondern weil sie die Umsetzung als wettbewerbsverzerrend und zu kurzfristig empfinden.
11,25 Euro pro Stunde müssen im Osten künftig für pä-dagogische Mitarbeiter gezahlt werden. Bei 39 Wochenstunden sind das rund 1900 Euro im Monat. "Wir begrüßen den Mindestlohn ausdrücklich", sagt Jürgen Banse vom Verband Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt (VDP). "Allerdings ist es nicht gerecht, dass die Verordnung nur für jene Träger gilt, die überwiegend Aus- und Weiterbildungen im Auftrag von Arbeitsagenturen und Jobcentern durchführen. Denn so werden bei Ausschreibungen wahrscheinlich häufiger andere Bewerber den Zuschlag erhalten, weil sie günstiger sind."
"Die Verordnung ist nicht gerecht"
Im Land von der Mindestlohnregelung betroffen sind allein unter den VDP-Mitgliedern nach Verbandsangaben 35 Träger mit 1500 bis 2000 Mitarbeitern. Betroffen sind Einrichtungen, die unter anderem Arbeitslose weiterbilden. Allgemeinbildende Schulen sind nicht darunter.
Anne Voß von der Gewerkschaft Verdi, welche die Initiative zur Einführung des Mindestlohns gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gestartet hatte, sieht hier zwar eine "Schwachstelle". Jedoch: "Die Zahl der anderen Anbieter ist so marginal, dass man nicht von einer Wettbewerbsverzerrung sprechen kann."
Nach Angaben des VDP gibt es unter dessen Mitgliedern immerhin 15 Träger, die ihren Fokus nicht auf Weiterbildungen für Arbeitsagenturen und Jobcenter legen. Ein weiterer Kritikpunkt: "Die Verordnung ist nicht einmal 14 Tage nach Beschluss in Kraft getreten und gilt auch für längerfristige Maßnahmen, die bereits vor dem 1. August begonnen haben", klagt Banse.
"Gehälter waren sittenwidrig"
Träger kämen ins Schlingern, da sie innerhalb kurzer Zeit die Verträge umstellen mussten und den kurzfristigen Kostenanstieg nicht kalkuliert hätten. Gewerkschafterin Voß hat dafür kein Verständnis: "Die Bundesanstalt für Arbeit hat die Träger vor gut einem Jahr darüber informiert, dass es voraussichtlich bald einen Mindestlohn geben wird und sie aufgefordert, entsprechend zu kalkulieren."
Zudem sei Verdi "froh, dass man den Mindestlohn überhaupt durchsetzen konnte", sagt die Gewerkschafterin weiter. "Denn bisher lagen wir in Sachsen-Anhalt bei 1500 bis 1600 Euro im Monat. Das ist sittenwidrig."
Einige Träger - darunter laut VDP sechs bis sieben, die auch Niederlassungen in Sachsen-Anhalt haben - wollen nun gegen die Umsetzung der Verordnung klagen.