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Minister-Präsidenten Der Osten macht Druck bei den Renten

Ärztemangel, Nachteile bei den Renten - die Ministerpräsidenten mahnen, dass sich die neue Bundesregierung weiter um den Osten kümmern muss.

29.01.2018, 23:01

Berlin l Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder fordern vom Bund langfristige Hilfen für strukturschwache Regionen. Bei der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West bleibe „noch viel zu tun“, sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) nach einem Treffen in Berlin. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er am Montag einen Forderungskatalog erarbeitet, der von CDU, CSU und SPD bei den Koalitionsverhandlungen behandelt werden soll. Besonders in puncto Rente machen die Länder Druck.

Neben der vollständigen Rentenangleichung zwischen Ost und West bis zum Jahr 2025, die bereits beschlossen ist, soll der Bund zwei weitere Projekte finanzieren. Zum einen dringen die Regierungschefs auf die Einführung einer Grundrente. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, die „ostdeutschen Lebensleistungen“ müssten besser anerkannt werden. Der Bund solle „gebrochene Erwerbsbiografien“ stärker berücksichtigen. Wer jahrelang gearbeitet habe, müsse eine Rente bekommen, die über dem Sozialsicherungsniveau liegt, so Schwesig.

Zum Zweiten machen sich die Ostländer für in der DDR geschiedene Frauen stark, die seit Jahren erfolglos für eine bessere Alterssicherung kämpfen und oft von Sozialhilfe leben. „Wir müssen die Themen, die den Menschen unter den Nägeln brennen, endlich mal lösen“, sagte Manuela Schwesig. Sie schlägt einen Härtefallfonds vor.

Insgesamt müsse die neue Bundesregierung „die ostdeutschen Besonderheiten“ im Blick haben, sagte Schwesig. „Es ist schon unheimlich viel erreicht worden, aber wir müssen noch eine ganze Menge tun“, so die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb fordern die Regierungschefs, dass es auch künftig einen Ost-Beauftragten der Bundesregierung geben soll. Zudem besteht Einigkeit in weiteren Punkten:

  •  Strukturhilfen: Strukturschwache Regionen sollen auch nach dem Auslaufen des Solidarpakts 2019 finanzielle Hilfen vom Bund erhalten – in Ost und West. Zudem wünschen sich die Regierungschefs, dass im Osten mehr Forschungsinstitute und Bundesbehörden angesiedelt werden. Diese seien bisher unterrepräsentiert, aber wichtige Wirtschaftsfaktoren, mahnen sie.
  • Infrastruktur: Laut Haseloff gibt es in Deutschland einen massiven „Investitionsrückstand“ in der Infrastruktur. Insbesondere bei den Fernverbindungen der Bahn nach Osteuropa und beim Breitbandausbau soll der Bund nachlegen. „Wir dürfen keine weißen Flecken haben“, sagte Haseloff.
  •  Ärztemangel: Die ostdeutschen Länder fordern mehr Unterstützung bei der Behebung des Ärztemangels in ländlichen Regionen. Eine Idee ist, im Rahmen des Medizinstudiums eine verbindliche „Landarztquote“ einzuführen. Auch anderes medizinisches Personal wie Rettungssanitäter soll künftig leichter die Chance erhalten, Arzt zu werden. So sollen Fachkräfte, die bereits im ländlichen Raum tätig sind, weiterqualifiziert werden und im Anschluss in ihrer Heimat tätig sein.
  •  Energie: Die Ostländer bekennen sich zur Energiewende, der Kohleausstieg müsse jedoch „mit Augenmaß“ erfolgen, sagte Haseloff. Er fordert Strukturhilfemaßnahmen, um neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Ein abrupter Kohleausstieg würde zu „sozialen Verwerfungen“ führen, warnte der CDU-Politiker. Dieser „verbietet sich schon aus Respekt vor der Lebensleistung der Beschäftigten“, heißt es im Forderungskatalog. Ein konkretes Ausstiegsdatum wird nicht benannt.
  •  Russland-Sanktionen: Die Regierungschefs stellen die wegen des Ukraine-Konflikts gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen infrage. Die Strafmaßnahmen der EU hätten sich im Hinblick auf den Konflikt als „wirkungslos“ erwiesen und würden insbesondere den Unternehmen der Agrar- und Ernährungsbranche im Osten schaden, sagte Haseloff. Nötig seien neue „methodische Ansätze“, um den Konflikt zu befrieden. Das Thema sei „dringend“ und soll daher so schnell wie möglich mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) besprochen werden.

Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema von Christopher Kissmann.