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Müllentsorgung Schönebeckern wird gelbe Tonne weggenommen

In Schönebeck bestraft ein Müllentsorger Mieter, weil sie den Abfall nicht korrekt trennen. Ihnen wurden die gelben Tonnen weggenommen.

Von Emily Engels 02.03.2018, 00:01

Schönebeck l „Das haut mich um, dass die Tonnen einfach weg sind. Ich kann verstehen, dass der Entsorger die Nase voll hat, aber das geht so nicht.“ Fassungslose Worte einer Anwohnerin der Garbsener Straße in Schönebeck, in der am Donnerstag die Gelben Tonnen abtransportiert wurden. Der Entsorger sieht das anders. „Wir haben in der Garbsener Straße einfach keine andere Möglichkeit mehr gesehen“, so Hartmut Winck, Chef der zuständigen Firma Tönsmeier. Dass die Schönebecker katastrophal im Mülltrennen sind, belegen für ihn nicht nur Fotos von den Gelben Tonnen auf der Garbsener Straße. Denn auf denen sind Elektrogeräte, alte Kleidungsstücke und Jalousien zu sehen.

Für Winck sprechen auch die Zahlen für sich. Zum Vergleich: In Magdeburg fallen 35 Kilogramm Verpackungsmüll pro Einwohner und Jahr an, im Salzlandkreis sind es 46 Kilogramm. Reklamiert, also stehengelassen, wird in der Landeshauptstadt etwa 15 Prozent des Mülls, im Salzlandkreis sind es 25 Prozent, in Schönebeck sogar bis zu 50 Prozent. In den meisten Fällen bleibt es dabei, dass die Gelben Tonnen einmal, vielleicht zweimal, stehengelassen werden. „Es kommt ein Sticker auf die Tonne mit der Aufforderung, sie neu zu sortieren“, erklärt Winck. Normalerweise sei der Lerneffekt groß. Nicht in der Garbsener Straße in Schönebeck. Winck: „Hier ist es wirklich dramatisch. Die Wegnahme war unser letzter Ausweg und ist laut Verpackungsverordnung auch gestattet.“

Auch im Landkreis Stendal hat der Müllentsorger Recyclinghof Farsleben GmbH mit falsch befüllten Gelben Tonnen zu kämpfen – vor drei Jahren wurde hier vom Sack auf die Tonne umgestellt. Laut Geschäftsführer Norman Mattke habe es von vollen Windeln über Elektromüll bis hin zu einer toten Katze schon so manchen „Kracher“ gegeben. Er sagt: „Das Reklamieren ist bei uns Tagesgeschäft, dass eine Tonne eingezogen wird, kommt hingegen kaum vor.“

Ähnlich sieht es im Jerichower Land aus. Auch hier kommt es immer wieder vor, dass Gelbe Tonnen falsch befüllt und stehen gelassen werden. Doch auch hier bestätigt der Chef der Abfallwirtschaftsgesellschaft Jerichower Land, Henning Gehm: „Einziehen mussten wir eine Gelbe Tonne noch nie.“

Warum das Mülltrennungs-Problem in Schönebeck dramatische Ausmaße angenommen hat, kann sich Winck nicht erklären. Auffällig ist jedoch, dass es sich in den Neubaugebieten zuspitzt. Hier sind neben der Garbsener Straße noch weitere Gebiete gefährdet. Wincks Beobachtung: „Je größer die Wohneinheit, umso häufiger ein falsch befüllter gelber Container.“

Der Anwohner Rainer Wieland sagt zu der Problematik: „Es hat keiner mehr die Motivation, zu trennen. Es ist zu aufwendig und am Ende landet doch das Falsche in der Gelben Tonne. Aber die Kosten für den Restmüll werden an uns Mietern hängenbleiben.“ Mit seiner Vermutung liegt er richtig. Denn in der Garbsener Straße werden jetzt mehr Restmülltonnen aufgestellt. Das bedeutet eine Erhöhung der Müllgebühr und somit auch der Mietnebenkosten.

Der Chef des Kreiswirtschaftsbetriebes des Salzlandkreises, Ralf Felgenträger, kann die Firma Tönsmeier verstehen. Ihn ärgert das Verhalten einiger Bewohner. Er sagt: „Die Gesamtheit wird dadurch bestraft.“ Da der Kreiswirtschaftsbetrieb, der für die Entsorgung des Rest-, Papier- und Biomülls zuständig ist, ein derartiges Verhalten bei den anderen Tonnen nicht beobachtet hat, kritisiert Felgenträger auch das System als solches. Er ist der Ansicht: „Dass in die Gelbe Tonne nur Plastik-Verpackungsmüll gehört, scheinen viele Verbraucher nicht zu verstehen. Ich bin daher dafür, dass eine Wertstofftonne eingeführt wird, in der alle recycelbaren Kunststoffe gesammelt und entsorgt werden. Das ist einfacher zu verstehen und kommt dem Gedanken der Ressourcenschonung auch näher.“

Wie können die Bewohner der Garbsener Straße ihre Gelben Tonnen zurückbekommen? Firmenchef Winck zeigt sich hart: „Die Tonnen bleiben weg, bis von den Mietern ein Konzept vorliegt, aus dem deutlich wird, dass sie ihr Verhalten ändern werden.“ Der Vermieter, in Schönebeck die Städtische Wohnungsbau GmbH Schönebeck (SWB) und die Wohnungsbaugenossenschaft, könne bei der Konzepterstellung zwar helfen, die Verantwortung liege jedoch beim Mieter.

Schwer umzusetzen, findet SWB-Chefin Sigrid Meyer. Sie sagt: „Bei großen Quartieren wie denen in der Garbsener Straße kann ich Tönsmeier nichts garantieren.“ Sie bedauert, dass den Mietern die Tonnen weggenommen wurden. Meyer: „Es trifft jetzt auch die Vernünftigen.“

Hier geht es zum Kommentar zum Thema von Emily Engels.