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Nach Halle-Attentat Staatsanwalt ermittelt gegen Stahlknecht

Die Vorwürfe gegen den Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) lauten unterlassene Hilfeleistung und Rechtsbeugung.

02.12.2019, 03:00

Magdeburg/Halle l Das Ermittlungsverfahren (Aktenzeichen 421 Js 35048/19) fußt auf einer Strafanzeige vom 12. Oktober 2019. Darin wird der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung und der Rechtsbeugung erhoben. Die Anzeige richtet sich gegen Innenminister Stahlknecht sowie den Leiter der Polizeiinspektion Halle, Mario Schwan.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Halle, Klaus Wiechmann, bestätigte am Sonntag auf Volksstimme-Anfrage: „Dieses Verfahren ist bei uns anhängig.“ Anzeige hatte Gilbert Kallenborn aus Dillingen (Saarland) erstattet.

Stahlknecht und Schwan tragen laut Kallenborn die Verantwortung dafür, dass die Synagoge in Halle am Anschlagstag nicht von der Polizei bewacht worden war. Das sei „grob fahrlässig“ gewesen. „Die Morde hätten verhindert werden können, wenn bewaffneter Polizeischutz pflichtgemäß erfolgt wäre“, sagte Kallenborn am Sonntag der Volksstimme. In Sachsen-Anhalt werde jedes Oberliga-Fußballspiel besser geschützt als betende Juden in der Synagoge.

Am Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, hatte ein schwer bewaffneter Mann versucht, in die Synagoge einzudringen. Als ihm das nicht gelang, erschoss er zwei Menschen außerhalb des Gotteshauses. An dem Tag waren nur unregelmäßig Polizeistreifen an für die Synagoge vorgesehen. Stahlknecht beruft sich auf eine Gefährdungsanalyse des Bundeskriminalamtes. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte den fehlenden Polizeischutz als „skandalös“ bezeichnet.

Der Volksstimme liegt ein Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 18. November mit der Überschrift „Ermittlungsverfahren gegen Holger Stahlknecht u.a.“ vor. Darin heißt es, die Strafanzeige werde „umfassend geprüft“. Dies betreffe „selbstverständlich auch die Vorwürfe der unterlassenen Hilfeleistung und der Rechtsbeugung.

Stahlknecht teilte der Volksstimme am Sonntag mit: „Die Strafanzeige ist mir persönlich durch eine Berichterstattung am 15. Oktober dieses Jahres bekanntgeworden. Bislang haben die zuständigen Justizbehörden hierzu keinen Kontakt mit mir aufgenommen.“ Die Strafanzeige werde er nicht bewerten.

Anzeigeerstatter Kallenborn sagte am Sonntag, Stahlknecht müsse für die Zeit des Verfahrens suspendiert werden. Es könne schließlich nicht sein, dass er weisungsbefugt sei gegenüber den Polizisten, die gegen ihn ermitteln würden.

Mit dem Polizeieinsatz vor und während des Terroranschlags befasst sich auch ein Untersuchungsausschuss im Landtag von Sachsen-Anhalt.