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Nach MeToo-Debatte Mehr Anzeigen wegen sexueller Gewalt

In Sachsen-Anhalt werden immer mehr Sexualdelikte angezeigt. Im Jahr 2018 gab es fast 1700 Anzeigen, so die Generalstaatsanwaltschaft.

30.05.2019, 10:11

Magdeburg/Naumburg (dpa) l Die "MeToo"-Debatte hat 2017 Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen in den Fokus gerückt. Im Jahr zuvor wurde sexuelle Belästigung strafbar. Statistiken zeigen: Es werden mehr Fälle zur Anzeige gebracht. 2018 habe es 1677 Anzeigen wegen sexueller Gewalt – von Vergewaltigung über sexuelle Nötigung bis zu sexuellem Missbrauch – gegeben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg mit. Das sei eine Steigerung von 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

In den beiden vorangegangenen Jahren sei ein Plus von 11,5 Prozent und 13 Prozent verzeichnet worden. Davor hatte die Zahl der Anzeigen wegen sexueller Gewalt vom Jahr 2014 zum Jahr 2015 um 1 Prozent auf 1262 zugenommen. Die Zahlen beziehen sich auf Anzeigen gegen benannte Beschuldigte.

Ende 2016 war das Sexualstrafrecht verschärft worden – unter dem Stichwort "Nein heißt nein". Seitdem steht auch sexuelle Belästigung unter Strafe. Laut der Generalstaatsanwaltschaft gab es 2017 landesweit 259 Verfahren wegen des Deliktes. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl auf 420. Das entspricht einem Plus von 62 Prozent.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2018 weist 1790 erfasste Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus und damit 9,1 Prozent mehr als 2017. Dabei gingen die Fälle von Vergewaltigungen von rund 300 auf etwa 250 zurück. Auch beim sexuellen Missbrauch von Kindern nahm die Zahl ab – von knapp 470 auf etwa 430. Die meisten Fälle werden der Statistik zufolge aufgeklärt, 2018 waren es 86 Prozent.

Die "MeToo"-Debatte kam 2017 ins Rollen und spielte eine große Rolle in den Medien. Vorfälle in Beziehungen, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz wurden teils anders gewertet als zuvor. Unter dem Hashtag #MeToo posteten vor allem Frauen in sozialen Netzwerken millionenfach ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen. Auch Prominente gerieten in den Fokus.

Hilfe finden Opfer sexueller Gewalt unter anderem beim Weißen Ring. Die Organisation steht Betroffenen zur Seite, ob nach einem Wohnungseinbruch, einem Überfall, bei häuslicher Gewalt, Cybermobbing, Stalking oder einer Vergewaltigung. In 50 Fällen habe der Weiße Ring im vergangenen Jahr Opfern von Sexualdelikten geholfen, sagte ein Sprecher. Das seien rund ein Viertel aller bearbeiteten Fälle gewesen, in denen materielle Hilfe geleistet worden sei.

Kerstin Heilmann von der Außenstelle Burgenlandkreis des Weißen Rings sagte, oft kämen die Betroffenen nach der Anzeige bei der Polizei zu den Beraterinnen. Manche zeigten die Taten aber auch nicht an. "Beistand ist das Wichtigste, vor allem bei Sexualstraftaten", sagte Heilmann. Die Betroffenen könnten den Außenstehenden ihre Opferrolle oftmals besser zeigen, das könne innerhalb der Familie oder im Freundeskreis schwieriger sein. Bei ihr landeten vor allem die schweren Fälle wie Vergewaltigungen oder sexueller Missbrauch von Kindern.