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Nachbarschaftsstreit Wenn Streit unter Nachbarn eskaliert

Krähen des Hahns oder auch Wegerecht - die Gründe für Nachbarschaftsstreit in Sachsen-Anhalt sind vielfältig und enden häufig mit Gewalt.

22.05.2018, 15:28

Burg/Egeln/Salzwedel l In Sachsen-Anhalt gibt es zahlreiche Fälle, in denen der Streit unter Nachbarn eskaliert ist und vor Gericht verhandelt werden musste. Neben einem Messer wurden auch eine Kartoffelhacke oder das Auto als Waffe gegen den ungeliebten Nachbarn eingesetzt.

In Miesterhorst (Altmarkkreis Salzwedel) hat eine Frau im Mai 2007 ihren Hahn geschlachtet, weil der Nachbar sich durch sein Krähen gestört fühlte und mit juristischen Schritten drohte. Der Nachbarschaftsstreit hatte sich hochgeschaukelt. Die Frau sagte im Nachhinein: "Wir haben keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als ihn zu schlachten". Vom durchfahrenden ICE fühlte sich der Nachbar, der von der Großstadt aufs Land gezogen war, übrigens nicht gestört. Das sei ein anderes Geräusch, sagte er.

Ein Streit ums Wegerecht gipfelte im April 2012 in einem Verkehrsunfall: In Tangermünde fuhr ein 58-Jähriger seinen Nachbarn an. Das Opfer zog sich Prellungen zu. Was genau geschah, blieb auch nach mehreren Gerichtsverhandlungen unklar. Im August 2013 entlastete der Amtsrichter den Angeklagten davon, „das Auto als Waffe" eingesetzt zu haben.

Im August 2017 hat ein 60-Jähriger in Thielbeer (Altmarkkreis Salzwedel) seinen Nachbarn mit einer Forke niedergeschlagen. Zuvor hatte er seinen kaukasischen Schäferhund auf den Nachbarshund gehetzt. Ein verbaler Disput zwischen den beiden Männern war eskaliert. Die Polizei stellte beim Täter einen Alkoholwert von 1,52 Promille fest. 

Er habe im Prinzip nichts gegen den Hund und dessen Besitzer gehabt. "Nur das hässliche Gekläffe geht mir auf die Nerven", begründete ein 60-Jähriger Angeklagter im Mai 2001 seinen Ausraster gegen seinen Gartennachbarn. Laut Anklage vor dem Amtsgericht in Wolmirstedt hatte er diesen mit zwei Bierflaschen geschlagen und danach mit der Schreckschusspistole gedroht: "Schau sie dir an, ich knall dich jetzt ab." Der Angeklagte räumte die Vorwürfe mit kleinen Einschränkungen ein.

Mindestens vier Mal soll ein 74-Jähriger seinen Nachbarn im September 2012 mit einer Kartoffelhacke traktiert haben. So befand es der Richter am Salzwedeler Amtsgericht. Dem Angriff vorausgegangen war ein jahrelanger Nachbarschaftsstreit. Auch vor Gericht scheiterten alle Vermittlungsversuche zwischen den Streitparteien. Der Richter verurteilte den Täter schließlich zu sechs Monaten Haft mit zwei Jahren Bewährungszeit. 

Weil sie sich durch Lärm belästigt fühlten, stürmten drei Männer im Mai 2015 in Burg die Nachbarswohnung. Die dort lebende irakische Familie bedohten sie, zudem beleidigten die drei ihre Nachbarn mit verfassungsfeindlichen und volksverhetzenden Parolen und Sprüchen. Als die Wohnungsinhaber die Polizei informierten, flohen die Eindringlinge auf die Straße und skandierten vor dem Haus verfassungsfeindliche Parolen.

In Egeln (Salzlandkreis) zog ein Mann während einer Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn im Juli 2015 ein Messer und stach mindestens ein Mal auf ihn ein. Das Opfer wurde nicht lebensgefährlich verletzt, der Täter festgenommen. Zum Grund des Nachbarschaftsstreits konnte die Polizei nach der Tat keine genauen Angaben machen.

"Bei uns im Haus werden Nazilieder gespielt, Horst-Wessel-Lied, ganz laut", spricht Helmut Sackers am Abend des 29. April 2000 ins Telefon. Es ist sein Notruf bei der Halberstädter Polizei. Später ist der 60-jährige Sozialdemokrat tot. „Nachbar nach Streit um laute Musik erstochen”, meldete daraufhin das Polizeipräsidium Halberstadt. Erst später erfuhr die Öffentlichkeit, dass der Täter Neonazi war. Die Gerichte sprachen ihn frei, der Täter habe aus Notwehr gehandelt. Der Fall erregte bundesweit Aufsehen.