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Nachwuchs Kinderrechte wieder stärker berücksichtigen

Deutschlands einziger Professor für Kinderpolitik fordert, dringend stärker auf die Belange der Jüngsten zu achten.

29.01.2021, 06:11

Stendal (dpa) l Der Professor für Kinderpolitik, Michael Klundt, hat gefordert, in der Pandemie wieder deutlich stärker die Rechte von Kindern zu berücksichtigen. "Wir brauchen ein Maßnahmenpaket für die Wiederherstellung von Kinderrechten und gegen Kinderarmut", sagte Klundt, der an der Hochschule Magdeburg-Stendal lehrt und forscht, der Deutschen Presse-Agentur. Im ersten Schritt müssten Strukturen zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, wie Jugendverbände, Kinderrechts- und Schülerorganisationen gefördert werden. "Die Kinder und Jugendlichen müssen in irgendeiner Weise mitreden können, wenn es nur digital geht, dann eben digital." Klundt schlägt auch einen Kindergipfel vor, damit die Politik mit den Kindern und Jugendlichen ins Gespräch kommt.

Kontaktbeschränkungen, geschlossene Schulen und Begegnungsstätten, weggefallene Sportangebote und im Frühjahr gesperrte Spielplätze – durch viele Maßnahmen seien die Kinderrechte massiv beschnitten worden, sagte Klundt. Er verwies auf die UN-Kinderrechtskonvention, die seit 1992 geltendes Bundesgesetz sei und "eben keine symbolische Schönwetter-Angelegenheit". "Sie ist rechtliche Grundlage und sie verpflichtet jeden Vertragsstaat in Artikel drei, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden soll."

"Wenn wir dies als einen Maßstab nehmen für das, was jetzt im Laufe der letzten zehn Monate geschehen ist, dann müssen wir leider konstatieren: Nicht nur der Kindeswohlvorrang ist nicht geprüft worden, sondern es ist im hohen Maße überhaupt nicht das Kindeswohl geprüft worden. Und es sind elementare Rechte wie zum Beispiel auf Schutz, auf Förderung und auch Beteiligung vernachlässigt worden, und das sowohl auf Bund-, Länder- und kommunaler Ebene", sagte Klundt weiter. "Es gab hier und da auch Ausnahmen und an Schulen den Versuch, Kinder und Jugendliche einzubinden. Aber in hohem Maße geschah fast alles, was mit den Kindern geschehen ist, vollständig über deren Köpfe hinweg." Die Ideen der Kinder seien dabei "vollständig verschenkt worden".

Klundt fordert zudem, den Blick stärker auf die rund drei Millionen Kinder und Jugendlichen zu richten, die in Armut leben. "Die sind unter enormen Stress gesetzt worden seit zehn Monaten und hatten es mit enormen Benachteiligungen zu tun." Sie seien auf's Homeschooling reduziert worden. Technische Ausstattung, ob Lehrer sie erreichen können, "ob da irgendetwas stattfindet im Laufe der zehn Monate, spielte gar keine Rolle".

Und: "Das kostenlose Mittagessen über das Bildungs- und Teilhabepaket war von heute auf morgen nicht mehr da. Niemand hat sich darum gekümmert. Da kann man auch sehen, das hat die Kinderarmut in diesem Sinne des Kinderrechtes auf soziale Absicherung enorm beeinträchtigt." Klundt sagte: "Das war eine sehr rabiate Maßnahme ohne Kompensation für die Familien." Klundt forderte den pandemiegerechten Ausbau der sozialen Infrastruktur für diese Kinder, die oft in beengten Verhältnissen aufwüchsen. Dabei gehe es um Jugendhilfe, offene Jugendarbeit, Jugendclubs und auch Sportangebote.