Gegner wollen Preisverleihung an die russische Band verhindern / Grüne machen sich für Auszeichnung stark Nominierung von Pussy Riot ist Thema im Stadtrat
Wittenberg/Magdeburg l Die Nominierung der russischen Punkband Pussy Riot für den Lutherpreis "Das unerschrockene Wort" wird am Mittwoch Thema im Stadtrat von Wittenberg sein, erklärte Stadtsprecherin Karina Austermann auf Volksstimme-Nachfrage. Allerdings gehe es vordergründig nicht um die Nominierung selbst, sondern darum, ob das Thema überhaupt noch einmal diskutiert werden soll. "Es wurde zwar ein widerrechtlicher Antrag eingereicht", sagte die Sprecherin. "Dennoch kann der Punkt auf die Tagesordnung genommen werden."
Unterdessen unterstützen mehrere Grüne-Politiker die umstrittene Nominierung der Musikerinnen. Landtags- mitglied Sören Herbst sagte: "Pussy Riot haben eine Auszeichnung verdient." Mit Befremden nehme er die Debatte um die Nominierung der feministischen Punkband zur Kenntnis.
"Luther schlug seinerzeit seine provozierenden Thesen auch an einem symbolträchtigen Ort. Er fragte seine Landsherren nicht vorher um Erlaubnis", so Herbst. Zwar wolle er die Musikerinnen nicht mit dem Reformator gleichsetzen, "aber als evangelischer Christ bin ich mir im Klaren, dass Kirche immer politisch war und sein muss." Es müsse legitim sein, in einer Kirche Texte der Verzweiflung zu singen, ohne dafür nach einem politischen Schauprozess zu Arbeitslager verurteilt zu werden.
Auch der Grünen-EU-Abgeordnete Werner Schulz sprach sich für die Nominierung der regierungskritischen Pussy Riot aus. In einem gestern veröffentlichten 18-seitigen Schreiben begründet er seine Zustimmung. In einem offenen Brief erklärte Schulz, die Kirche sei ein geeigneter Ort, um gegen Unterdrückung, Unfreiheit und Demütigung zu protestieren.
Die Lutherstadt Wittenberg hatte die Band für den Preis "Das unerschrockene Wort" vorgeschlagen. Die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung wird seit 1996 in Gedenken an den Reformator Martin Luther an Frauen und Männer verliehen, "die in einer besonderen Situation (...) in Wort und Tat für die Gesellschaft, die Gemeinde, den Staat bedeutsame Aussagen gemacht und gegenüber Widerständen vertreten haben", heißt es im Preisstatut.