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Notfälle Rettungswagen oft zu spät

Rettungswagen in Sachsen-Anhalt sind unpünktlich. Nirgendwo wird die gesetzlich vorgeschriebene Frist von zwölf Minuten eingehalten.

Von Jörn Wegner 02.07.2016, 01:01

Magdeburg l Höchstens zwölf Minuten sollen vergehen, bis ein Rettungswagen in Sachsen-Anhalt an seiner Einsatzstelle eintrifft. In 95 Prozent der Fälle müssen die Retter innerhalb dieser Frist vor Ort sein, so das Rettungsdienstgesetz des Landes. Dass in sämtlichen Kreisen und kreisfreien Städten gegen das Gesetz verstoßen wird, ergab nun eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke an die Landesregierung.

Besonders weit verfehlt der Landkreis Harz die 95 Prozent. Im Jahr 2014 trafen dort nur 43,6 Prozent aller Rettungswagen innerhalb von zwölf Minuten ein, 2015 landete der Harz mit 66,53 Prozent noch immer auf dem letzten Platz.

Der Leiter des Harzer Eigenbetriebs Rettungsdienst erklärt die niedrige Quote: „Wir haben sehr lange Wege in die Krankenhäuser“, sagt Michael Werner. Problematisch sei deren Spezialisierung. So könne ein Patient aus Wernigerode oftmals nicht ins örtliche Klinikum gebracht werden, sondern müsse nach Quedlinburg oder Halberstadt. „Da ist der Wagen dann zwei Stunden gebunden“, sagt Werner. Hinzu kämen harzspezifische Pro­bleme, etwa die Topografie und abgelegene Orte bei gleichzeitig vergleichsweise vielen Einwohnern. Zudem müsse der Harzer Rettungsdienst deutlich mehr Touristen versorgen, als in anderen Kreisen.

Die Verbesserung der sogenannten Hilfsfristquote von 43,6 auf 66,5 Prozent hängt mit dem Ausbau von Standorten im Harzkreis zusammen. Neue Wachen finden sich mittlerweile in den Oberharzorten Hasselfelde und Elend sowie in Badersleben im Huy. Zudem gibt es eine gemeinsame Wache mit dem Kreis Mansfeld-Südharz und Kooperationen mit Niedersachsen. Werner sieht den Harzer Rettungsdienst daher auf einem guten Weg. „Ich erhoffe mir für 2016 nochmals einen Schub nach vorn.“

Deutlich unter dem Landesschnitt von 82,3 Prozent liegt mit 74,4 auch der Kreis Wittenberg. Kreissprecher Ronald Gauert weist auf die Probleme hin, die ein dünn besiedelter Flächenkreis mit sich bringt. Dies bedeute lange Wege für die Rettungswagen bei Einsätzen in abgelegenen Orten. Der Landkreis habe reagiert, sagt Gauert. „Wir haben zwei zusätzliche Standorte eröffnet.“ In Elster und Pannigkau sind künftig Rettungswagen stationiert, der Standort Annaburg wurde aufgewertet. Alle drei Orte liegen in der dünn besiedelten Elbe-Elster-Region im Grenzland zu Sachsen und Brandenburg.

Spitzenreiter ist der Altmarkkreis Salzwedel. 91,75 Prozent der Rettungswagen treffen innerhalb der zwölf Minuten ein. In Salzwedel ereignete sich Ende 2015 ein besonders tragisches Unglück. Eine junge Frau starb, da der Notarzt erst geschlagene 41 Minuten nach der Alarmierung eintraf.

Mit diesem Vorfall haben die Veränderungen nichts zu tun, erklärt Birgit Eurich aus dem Büro des Landrats. „Wir haben im vergangenen Jahr den Rettungsdienst neu aufgestellt“, sagt die Sprecherin. So wurden Rettungswagen in den Randlagen von Salzwedel und Gardelegen stationiert, um die Wege in ländliche Gebiete abzukürzen. In Rohrberg ist eine neue Wache entstanden, der Standort Kalbe-Milde wurde nach Kahrstedt verlegt um lange Schrankenschließzeiten zu umgehen.

Die Nichterfüllung der gesetzlichen Hilfsfrist begründet die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Linken-Anfrage damit, dass die 95 Prozent eine „planerische Größe“ sei, um Standorte von Rettungswagen zu bestimmen. Damit seien auch Quoten unterhalb der gesetzlichen Hilfsfrist „als ausreichend anzusehen“.