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NSU-Waffenbeschaffer Wohlleben könnte nach Sachsen-Anhalt ziehen

Die Frau und Kinder des verurteilten NSU-Beihelfers wohnen in der Nähe von Zeitz. Behörden rechnen mit seiner Ankunft in Sachsen-Anhalt.

Von Bernd Kaufholz 18.07.2018, 13:53

Magdeburg/München (dpa) l Sicherheitsbehörden rechnen damit, dass der NSU-Waffenbeschaffer Ralf Wohlleben nach seiner Freilassung nach Sachsen-Anhalt zieht. Das Innenministerium in Magdeburg teilte am Mittwoch auf Anfrage mit, dass Wohllebens Frau und gemeinsame Kinder ihren Wohnsitz in Sachsen-Anhalt haben. Die Behörden sind darauf vorbereitet, dass auch Wohlleben selbst seinen Wohnsitz in dem Bundesland nehmen werde. Sachsen-Anhalt befinde sich in enger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Weitere Details, auch zum genauen Wohnort von Wohllebens Familie, nannte das Ministerium nicht.

Nach Volksstimme-Informationen soll sich der Wohnsitz in der Nähe von Zeitz befinden.

Wohlleben war am Mittwoch aus dem Gefängnis in München entlassen worden. Nach Angaben des Oberlandesgerichts besteht keine Gefahr mehr, dass sich der 43-Jährige durch Flucht dem weiteren Verfahren entziehen könnte. Im NSU-Prozess war Wohlleben in der vergangenen Woche zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Er besorgte laut Urteil eine entscheidende Waffe für die Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds". Er saß schon sechs Jahre und acht Monate in Untersuchungshaft. Das heißt, er müsste höchstens noch drei Jahre und vier Monate im Gefängnis verbüßen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt wurde.

Die Bundesanwaltschaft hatte Wohlleben außerdem vorgeworfen, er habe gewusst, wofür die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Pistole benutzen wollten. Wohlleben hatte die Vorwürfe stets bestritten. Er habe dem eigentlichen Überbringer der Waffe nur auf Nachfrage einen Tipp gegeben. Die Anklage hatte für Wohlleben zwölf Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen gefordert. Seine Verteidiger bezeichneten ihn als unschuldig und forderten Freispruch.

Nach mehr als fünfeinhalb Jahren NSU-Prozess hatte das Gericht die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Es stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest – damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. Zschäpes Komplizen Mundlos und Böhnhardt hatten sich am 4. November 2011 nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach erschossen.

Der Mitangeklagte Holger G. war zu drei Jahren Haft verurteilt worden, André E. zu zwei Jahren und sechs Monaten und Carsten S. zu drei Jahren Jugendstrafe. Gegen das Urteil gegen André E. hatte die Bundesanwaltschaft Revision eingelegt. Mehrere Verteidiger etwa von Zschäpe und Anwälte der Nebenklage hatten ebenfalls angekündigt, das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen zu lassen.