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Im Frühjahr 2014 scheiden erste Arbeitskräfte aus Ohne Bürgerarbeiter fehlen nicht nur helfende Hände in Kitas und Schulen

In der Region Genthin fallen im nächsten Jahr 141 Bürgerarbeiter-Stellen
weg. Absehbar sind Engpässe in Grundschulen, Vereinen und Jugendclubs.

Von Manuela Langner 26.11.2013, 02:08

Genthin l Tickets und Souvenirs verkaufen, Übernachtungen vermitteln und Veranstaltungen vorbereiten: Marina Weppler hat als eine von fünf Bürgerarbeitern in der Genthiner Touristinformation alle Hände voll zu tun. Seit September 2011 arbeitet die gelernte Verkäuferin im Team von Marina Conradi mit. "Ich habe in der Zeit viel dazu gelernt, und es ist schön, dass ich meine Arbeitskraft einbringen kann." Nur zu gerne würde Marina Weppler ihren Arbeitsplatz in der Touristinformation über den Herbst 2014 hinaus behalten. Ihr gefällt der Umgang mit den Menschen und nicht zu unterschätzen: "Das Kollektiv ist hervorragend."

Nach bisherigem Stand läuft die Bürgerarbeit jedoch 2014 aus. In der Region Genthin sind zwischen Frühling und Herbst gleich 141 Frauen und Männer betroffen.

Dass das Ende der Bürgerarbeit in Genthin deutlich spürbar sein wird, darauf machte Bürgermeister Thomas Barz (parteilos) die Mitglieder des Sozialausschusses auf ihrer jüngsten Sitzung aufmerksam. Allein 57 Stellen liegen in der Besorgung der Stadt.

Von den zusätzlichen Arbeitskräften profitieren Grundschüler und Kindergartenkinder, die vom Tierschutzverein versorgten Vierbeiner genauso wie der Tourismus oder die Köppen-Forschung in der Stadt- und Kreisbibliothek. Auch Jugendclubs, Feuerwehr, Inte-grationstreff und Vereine sind betroffen. "Es wird mächtig eng werden", prognostizierte der Stadtchef.

Von mehreren Einrichtungen war die Stadt auf das drohende Ende der Bürgerarbeit hingewiesen worden. Stets verbunden mit der Nachfrage, ob sich das Projekt verlängern lässt. Das "definitive Ende" der Bürgerarbeit ist jedoch die Auskunft, die Thomas Barz erhalten hat und weitergeben musste. "Wir sind dabei, nach Lösungen zu suchen", informierte er.

Den Wunsch der Eltern, die Bürgerarbeit in den Kitas zu verlängern, kennt auch Andy Martius, Vorstand des DRK-Regionalverbandes Magdeburg-Jerichower Land, aus seiner beruflichen Arbeit. Als berufener Bürger meldete er sich im Bildungsausschuss zu Wort. Demnach muss das DRK in den Kindertagesstätten in seiner Trägerschaft allein auf zehn Bürgerarbeiter verzichten. Zusatzangebote werden wegfallen, "aber unsere Aufgaben werden wir weiterhin erfüllen", kündigte Andy Martius an.

Die erste Bürgerarbeiterin verliert die Grundschule Stadtmitte im Frühjahr, die Zweite im Herbst. Das werde sich "drastisch bemerkbar" machen, ist sich Schulleiter Ingo Doßmann sicher. Die Bürgerarbeiter helfen bei der Aufsicht auf dem Hof und bei der Essensausgabe, bei der Vorbereitung von Veranstaltungen, der Gestaltung des Schulhauses und der Absicherung von Wandertagen.

Aufgaben, die künftig wieder die Lehrer übernehmen müssen, die diese Zeit bislang nutzen konnten, sich beispielsweise intensiver um Schüler zu kümmern.

Ingo Doßmann sieht die Not von zwei Seiten. Der Wegfall der Bürgerarbeiter sei ein Dilemma aus pädagogischer Sicht, aber auch ein persönliches für die betroffenen Arbeitskräfte.

Mit seinem Schreiben an die Stadtverwaltung wollte er rechtzeitig auf die schwierige Situation aufmerksam machen. "Ich weiß, dass die Stadt allein nichts ausrichten kann, sondern auf Landes- oder Bundesprogramme angewiesen ist."

Den Vorwurf, die Bürgerarbeiter würden "richtige Arbeitsplätze" verdrängen, sieht Ingo Doßmann für Schulen nicht gegeben. "Es gibt keinen Verdrängungswettbewerb, weil das Land hier keine Arbeitsplätze schafft."