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Parité-Gesetz Wann kommt die Quote in Sachsen-Anhalt?

Die Debatte um eine paritätische Geschlechter-Verteilung geht weiter. Auch in Sachsen-Anhalt werden die Rufe nach dem Parité-Gesetz lauter.

Von Massimo Rogacki 19.02.2019, 00:01

Magdeburg l Die Entscheidung ist gefallen. Applaus und Jubelrufe im Parlamentssaal in Potsdam. Die rot-rote Regierungsmehrheit und die oppositionellen Grünen im Brandenburger Landtag haben das bundesweit erste Parité-Gesetz beschlossen. Ein „großer Sieg für die Demokratie“, verkündet Brandenburgs Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD).

Gut drei Wochen ist dieser – viele sagen „historische Moment“ – her. Über Gleichberechtigung in den Landesparlamenten und in der Politik allgemein wird wieder verstärkt diskutiert. Befürworter hoffen, dass von der Entscheidung eine Signalwirkung ausgeht. Für Kritiker wie die AfD in Brandenburg ist das Gesetz nicht verfassungskonform. Auch die CDU in Brandenburg lehnte die feste Quote ab.

Auf Bundesebene hat Justizministerin Katarina Barley (SPD) ihre Forderung nach einer Frauenquote im Bundestag mehrfach bekräftigt. Frauen besetzen dort 31,3 Prozent der Plätze. Beim Blick auf die 16 Länder hat Thüringen die Nase vorn. Über 40 Prozent der Abgeordneten sind Frauen. Schlusslicht ist: Sachsen-Anhalt. Nicht einmal jeder vierte Sitz im Magdeburger Landtag wird von einer Frau besetzt (21,8 Prozent). Bis 2011 hatte der Anteil bei über 30 Prozent gelegen, mit der Kenia-Koalition ging es mit dem Frauenanteil erneut bergab.

An den Vorsätzen fehlt es auf dem Papier zumindest nicht. CDU, SPD und Grüne hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Einführung eines verfassungskonformen Paritätsgesetzes – auf kommunaler wie auch auf Landesebene – zu prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung lässt nach Ansicht der SPD-Fraktion im Land jedoch zu lang schon auf sich warten. „Es wäre schön, wenn wir bald eine Grundlage hätten, um die Diskussion voranzubringen“, meint die Vorsitzende Katja Pähle.

Für sie ist das Gesetz in Brandenburg ein Meilenstein: Maßnahmen, „die dazu beitragen, dass mehr Frauen in die Parlamente und in kommunale Vertretungen kommen“, seien überfällig, so Pähle. SPD und Grüne im Land können – wie in Brandenburg – als Befürworter eines Parité-Gesetzes gelten.

Die Linken haben konkrete Pläne: Die Fraktion hat angekündigt, dem Landtag in Sachsen-Anhalt „zeitnah“ einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Der soll Regelungen aus Brandenburg übernehmen, kündigt Eva von Angern an. Für die stellvertretende Fraktionsvorsitzende sei mit dem geringen Frauenanteil im Magdeburger Landtag schon länger ein „Tiefpunkt“ erreicht. Von Angern ist in ihrer Fraktion für Frauen- und Gleichstellungspolitik zuständig und Vorsitzende des Landesfrauenrates.

Dass die Geschlechter noch immer nicht gleichermaßen im Parlament vertreten sind – das sei ein unhaltbarer und ungerechter Zustand, findet sie und fordert: Frauen müssen gleiche Chancen eingeräumt werden, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Dafür brauche es paritätisch aufgestellte Landeslisten und die sogenannten Tandems, bei der jeweils eine Frau und ein Mann einen Wahlkreis repräsentieren.

100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts seien die knapp 22 Prozent Frauen im Landtag deutlich zu wenig, findet auch Cornelia Lüddemann, die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion. Die Zahl sei zudem „völlig unangemessen“, berücksichtige man den Beitrag, den Frauen in anderen gesellschaftlichen Bereichen leisten. Das Gesetz in Brandenburg bewertet Lüddemann als Schritt in die richtige Richtung ein. Einziges Manko: Es führe noch nicht weit genug, weil die Direktwahlkreise nicht einbezogen würden. „Echte Parität“, so Lüddemann, könne nur hergestellt werden, wenn ein entsprechendes Gesetz die Direktmandate nicht ausnehme.

Dazu könnten die Wahlkreise vergrößert werden und von jeder Partei das bereits erwähnte Doppelteam aus Mann und Frau aufgestellt werden.

Die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt spricht sich zumindest klar für Gleichstellung aus. Inwieweit ein Parité-Gesetz das geeignete Instrument dafür bildet und ob es überhaupt verfassungskonform ist, das müsse indes geprüft werden, heißt es von der Fraktion. Die AfD-Fraktion ließ die Volksstimme-Anfrage zum Parité-Gesetz unbeantwortet.

Im Potsdamer Landtag offenbart sich im Übrigen ein ähnliches Phänomen wie in Sachsen-Anhalts Landesparlament: Bei der CDU und der AfD sind in den Fraktionen die Männer in der Überzahl. Unter den 21 Abgeordneten der Union in Brandenburg sind lediglich fünf weiblich. Nur zwei der neun AfD-Parlamentarier sind Frauen.

Auch in der CDU-Fraktion im Magdeburger Landtag kommen auf 29 männliche Politiker nur zwei Frauen. Eine AfD-Abgeordnete nimmt bei Landtagssitzungen inmitten ihrer 20 männlichen Parteikollegen Platz. Die geringe Frauenquote im Landtag in Magdeburg hat also maßgeblich mit den größten Fraktionen zu tun.

Für Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (CDU) sind insgesamt die großen Parteien die „großen Paritätsversager“. Mit Sollvorschriften – also einer weichen Quote – hätten die es nicht geschafft, mehr Frauen auf die Wahllisten und in Ämter zu bringen. Um den Anteil von Frauen in Politik und Wirtschaft zu erhöhen, reiche allein eine Quote per Gesetz nicht aus, findet Brakebusch.

Vielmehr könnten weibliche Karrieren befördert werden, indem Männer und Frauen sich in gleichem Maße um Kinder und Familie kümmerten – dafür bedürfe es der Akzeptanz im familiären wie auch gesellschaftlichen Umfeld. Bei der Besetzung von Stellen sollte dennoch in erster Linie die „Befähigung und Eignung“ gelten, sagt die Landtagspräsidentin.