Ehrenamt PC-Nachhilfe für Senioren
Beim Deutschen Roten Kreuz Sachsen-Anhalt gibt es ein „Freiwilliges Soziales Jahr digital“ - ein Pilotprojekt.
Weißenfels l Auf dem Bildschirm blinkt es bunt. Klick für Klick bringt Katharina Strassberger gleichfarbige Kugeln in eine Reihe, damit sie verschwinden und so Platz für die neuen Kullern schaffen, die stetig von oben herunterfallen. Blitzschnell macht das die Seniorin. Erst ein paar Monate ist es her, da lag, wenn sie die Maus bewegte, noch eine Hand auf ihrer. Es war die von Nico Schmieder. Der 23-Jährige hat ihr die ersten Schritte am Computer beigebracht.
Schmieder gehört zu einer Gruppe von 30 Ehrenamtlern, die beim DRK Sachsen-Anhalt ein „Freiwilliges Soziales Jahr digital“ ableisten. Das Projekt ist auf Anregung des Bundesfamilienministeriums entstanden und wird derzeit hierzulande und in Rheinland-Pfalz erprobt. Hauptziel ist es, Menschen in sozialen Einrichtungen an Computer heranzuführen. Acht Digital-FSJler arbeiten in Sachsen-Anhalt mit Senioren, die anderen beispielsweise mit Kindern und Menschen mit Behinderung.
Nico Schmieder, er ist seit dem Projektstart im September dabei, hat mehrere Einsatzstellen. Eine ist das Mehrgenerationenhaus in Weißenfels. Dort arbeitet er einmal pro Woche mit Tagespflege-Patienten wie Katharina Strassberger an einem Computerführerschein.
Begonnen wird dabei immer mit dem digitalen Urschleim, erzählt er: „Als erstes zeige ich, wie man einen Computer überhaupt anschaltet.“ Weiter geht‘s dann mit den Bestandteilen. Um die Technik seniorenfreundlich zu erklären, hat der FSJler einen Trick: „Ich vergleiche viel mit dem menschlichen Körper. Der Prozessor zum Beispiel ist wie das Herz, die Festplatte wie das Gehirn.“
Und da alte Menschen in der Regel herzlich wenig mit englischen Begriffen am Hut haben, hat ein Kollege eine Liste mit deutschen Entsprechungen zusammengestellt. So reden die Freiwilligen zum Beispiel statt von „Escape“ immer von der „Ausgang-Taste“.
Die nächsten Schritte beim Computerführerschein sind Grundprogramme wie Word und kleine Spiele. Auch das Stöbern bei Google wird geübt. In einer Einrichtung bringen Ehrenamtler alten Menschen sogar bei, wie man über Skype telefoniert – das kommt vor allem bei denen gut an, deren Enkel in einer anderen Ecke Deutschlands wohnen.
Im Weißenfelser Mehrgenerationenhaus ist das Interesse hingegen bisher verhalten. Nur zwei Senioren sitzen dort regelmäßig am Rechner. „Viele sagen, dass sie solche Technik im Alter nicht mehr brauchen“, erklärt Schmieder. „Allerdings stehen hier auch nur zwei Computer. Ich glaube, viele würden ihre Skepsis verlieren, wenn sie sich mal dazusetzen würden. Das machen sie aber nur, wenn noch ein Rechner frei ist.“
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Neuanschaffungen wiederum seien ein finanzielles Problem, sagt Roland Halang, Präsident des DRK Sachsen-Anhalt. Denn das Projekt werde zwar vom Bundesfamilienministerium gefördert. Allerdings gebe es nur Geld für Seminare und die Pädagogen, die den Dienst organisieren. „Computer müssen wir aus unserem normalen Budget und aus Spenden finanzieren. Hier bräuchten wir künftig mehr Unterstützung.“
Noch bis Herbst 2017 läuft die Pilotphase. Danach soll das „FSJ digital“ in das normale Freiwillige Soziale Jahr integriert werden. Wie genau das aussehen soll, steht noch nicht fest.
Nico Schmieder weiß indes schon, wie es nach dem Dienst mit ihm weitergeht. Seit dem Fachabitur hatte er nach einem Beruf gesucht, der zu ihm passt. Ein Studium zum Verwaltungsinformatiker und eine Ausbildung zum Industriekaufmann hat er abgebrochen. „Jetzt weiß ich, dass ich Soziale Arbeit studieren möchte“, sagt der 23-Jährige. Warum er sich diesmal sicher ist? „Ich merke, wie viel man in diesem Bereich zurückbekommt.“ Schmieder schaut kurz rüber zum blinkenden Bildschirm, dann schiebt er nach: „Zum Beispiel ein Lächeln.“