Landtagsausschuss gab 2011 beinahe jedem fünften Antragsteller teilweise oder ganz Recht Petitionen: Immer weniger Bürger nutzen den direkten Draht ins Landesparlament
Die Zahl der Sachsen-Anhalter, die sich mit Bitten und Beschwerden an den Landtag wenden, hat 2011 einen neuen Tiefstpunkt erreicht. Nur 396 Petitionen gingen ein. Dafür ist deren Qualität gestiegen.
Magdeburg l Steigende Kita-Gebühren, Straßenausbausatzungen, Grundwasserprobleme, Erhalt einer Bahnstrecke, schlechte Haftbedingungen - manche Bürger in Sachsen-Anhalt haben Probleme mit scheinbar übermächtigen Ämtern und Behörden und können sie alleine nicht lösen.
Wer nicht weiterweiß, kann mit einer Eingabe den Petitionsausschuss des Landtages einschalten. "Viele senden die Petition als Hilfeschrei, weil sie überfordert sind und bei Ämtern von Pontius bis Pilatus ziehen", weiß Hans Joachim Mewes (Die Linke), Vorsitzender des Petitionsausschusses.
489 Eingaben gingen im Zeitraum 1. Dezember 2010 bis 30. November 2011 im Landtag ein, 396 davon wurden als Petition registriert. "Und wir nehmen jede Eingabe ernst", sagt Mewes. Für ihn ist die Petition Teil der gelebten Demokratie. Die Bürger wüssten um ihre Rechte und nutzten das Petitionsrecht mit großem Selbstbewusstsein. "In keinem anderen Ausschuss sind wir so nah an den Problemen und Nöten des Bürgers und können Hilfe, Unterstützung und vor allem Aufklärung geben", sagt Hans Joachim Mewes.
Gleichwohl: Die Zahl der Petitionen geht ständig zurück. Waren es Anfang der 1990er Jahre noch 1500 Petitionen pro Jahr, wurden 2010 nur noch 537 registriert und im vergangenen Jahr gar nur 396. Im Bereich Justiz haben sich die Petitionen sogar beinahe halbiert. Woran das liegt, darüber kann Mewes nur mutmaßen: Entweder seien die Bürger schlicht mit der Verwaltungsarbeit zufrieden - oder sie hätten im schlimmsten Fall resigniert.
Gestiegen sei die Qualität der Eingaben. Manche würden sich wie der Brief eines Juristen lesen. Die 13 Ausschussmitglieder müssen sich deshalb zunehmend intensiver mit einigen Themen befassen und waren fünfmal vor Ort, um Missverständnisse zwischen Bürger und Verwaltung auszuräumen. Behördliches Handeln korrigieren oder einen Kompromiss im Sinne des Bürgers aushandeln konnten die Abgeordneten in rund 17 Prozent der Fälle.
Das, so Mewes, mag auf den ersten Blick wenig positiv erscheinen. Es zeige aber auch, dass die Arbeit der Behörden in den meisten Fällen nicht zu beanstanden sei. Deshalb legt Hans Joachim Mewes Wert darauf, das Verwaltungshandeln verständlich zu erklären und gegegebenfalls Ansprechpartner auf kommunaler Ebene zu vermitteln.
Ärgerlich für Mewes: Obwohl der Ausschuss am nächsten an den Sorgen der Bürger dran ist, finde er im Landtag die wenigste Beachtung. "Dabei ist der Ausschuss eine Fundgrube für parlamentarische Aktivitäten." So manche Gesetzeslücke kam erst durch eine Petition auf die politische Tagesordnung - und wurde im Landtag beseitigt.