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Podiumsdiskussion Patzelt: „Feigheit vor dem Feind“

Eine geplante Podiumsdiskussion der AfD schlägt in Sachsen-Anhalt hohe Wellen.

04.01.2017, 23:01

Magdeburg l Die Debatte um den rechten Ideologen Götz Kubitschek gewinnt in der Landespolitik erneut an Fahrt. Nach dem Koalitionszoff im Dezember, als Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) seinem Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eine gemeinsame Podiumsdiskussion mit Kubitschek untersagt hatte, sorgt erneut eine geplante Veranstaltung mit dem rechten Publizisten für Ärger.

Die AfD hatte am Dienstag angekündigt, am 18. Januar eine Diskussionsrunde mit Kubitschek veranstalten zu wollen. Diese soll im Landtag stattfinden. Thema: „Meinungsfreiheit, Diskussionskultur und politische Ausgrenzung“. Auf dem Podium sollen dazu auch Ex-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU), Landesbischöfin Ilse Junkermann, der Dresdner Politologe Werner Patzelt sowie Spitzenvertreter der anderen Landtagsfraktionen teilnehmen. Doch daraus wird wohl nichts. SPD und Linke haben am Mittwoch bereits abgesagt. Auch CDU und Grüne sind skeptisch und werden voraussichtlich nicht teilnehmen.

Der Grund: Die anderen Parteien betrachten die Veranstaltung als „reines PR-Manöver“, wie Grünen-Abgeordneter Sebastian Striegel sagt. „Daran werden wir uns sicher nicht beteiligen.“ Auch Linken-Fraktionschef Swen Knöchel sieht das so. „Es geht der AfD doch nicht um eine ernsthafte Debatte, sondern nur darum, die Eingeladenen vorzuführen“, begründete Knöchel seine Absage.

Die SPD teilte mit, man setze sich mit gewählten Vertretern der AfD auseinander, jedoch nicht mit einem Vertreter der neuen Rechten. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt sagte: „Ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen.“

SPD, Grüne und Linke hatten bereits im Dezember deutlich gemacht, dass sie es für falsch halten, Kubitschek ein derartiges Podium zu bieten. „Wer glaubt, man könne solche Leute wie Kubitschek in einer öffentlichen Diskussion stellen, ist ihnen bereits auf den Leim gegangen“, hatte SPD-Landeschef Burkhard Lischka damals erklärt.

Der rechte Publizist bewegt sich seit vielen Jahren im Umfeld von Gruppen, die zum Teil als rechtsextremistisch eingestuft werden. Kubitschek tritt bei Pegida in Dresden auf, sein Rittergut in Schnellroda (Saalekreis) gilt als Ideenschmiede der neuen Rechten. Auch diverse Politiker wie der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke und der AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, sowie Mitglieder der Identitären Bewegung sind dort regelmäßig zu Gast.

Die AfD will die Veranstaltung trotz der Absagen durchziehen. Die Kritik an der Einladung Kubitscheks könne man nicht verstehen, heißt es. „Es geht ja bei der Veranstaltung nicht um ihn, sondern um das Thema Meinungsfreiheit“, sagte eine Sprecherin der Volksstimme. „Ich gehe nicht davon aus, dass sich alle anderen Fraktionen diesem Diskurs verweigern werden.“ Die Bürger seien die „Ausgrenzeritis“ gegen die AfD leid, sagte sie. „Wir rechnen fest mit dem Kommen von Ex-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer und des Politologen Werner Patzelt.“

Der Dresdner Uni-Professor Patzelt macht seine Teilnahme allerdings von der Zusage Böhmers abhängig. Mit Kubitschek allein will er sich nicht auf das Podium setzen. „Ein trauliches Zwiegespräch mit Herrn Kubitschek über Meinungsfreiheit in Deutschland reizt mich nicht“, sagte er der Volksstimme am Mittwoch.

Patzelt kritisiert, dass die Vertreter der Parteien nicht teilnehmen wollen. „Leider habe ich mehr und mehr den Eindruck, dass sich manche Leute einfach davor fürchten, sich mit Andersdenkenden auf ein Podium zu setzen. Allzu viele haben wohl Angst davor, in so einer Debatte auch einmal nicht gut auszusehen“, sagte er. Doch beim Diskutieren mit klugen Gegnern könne das vorkommen. „Wenn man dann trotzdem kneift, ist das schlicht Feigheit vor dem Feind. Die aber gehört sich gerade für solche Leute nicht, deren Selbstverständnis es ist, Verteidiger unserer Demokratie zu sein“, so Patzelt.

Wo genau die Podiumsdiskussion im Landtag stattfinden soll, ist bisher unklar. Der Plenarsaal steht für Fraktionsveranstaltungen grundsätzlich nicht zur Verfügung. Da die Grünen am gleichen Abend ihren Neujahrsempfang veranstalten, ist auch die Kantine bereits belegt. Die anderen Beratungs- und Sitzungsräume im Landtagsgebäude sind deutlich kleiner.