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Proteste Tullner will Klimagipfel mit Schülern

Wie umgehen mit Schülerdemos für mehr Klimaschutz? Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner will auf die Schüler zugehen.

Von Michael Bock 05.04.2019, 14:38

Magdeburg l Raues Klima im Landtag von Sachsen-Anhalt: Die Fridays-for-Future-Demos sorgen für heftige Diskussionen. Die Linke hat einen Antrag vorgelegt, wonach die Klimaschutz-Proteste „Wertschätzung und den politischen Dialog“ verdienen.

Linke-Fraktionschef Thomas Lippmann sagt: „Schüler erteilen der Politik Nachhilfe. Das gab es lange nicht, und deshalb irritiert es.“ Die Demonstranten treffen sich in der Regel in der Schulzeit. Das erregt die Gemüter.

Lippmann, der vor vielen Jahren selbst Schulleiter war, sagt: „Schüler, die an den Kundgebungen teilnehmen, sind keine Schulschwänzer. Auch für sie gilt das Demonstrationsrecht aus dem Grundgesetz. Und dort steht nirgendwo, dass man dies nur in seiner Freizeit und nicht während der Unterrichtszeit ausüben dürfe.“ Und: „Diejenigen, die nach Sanktionen rufen, verweigern eine rechtsstaatliche Abwägung zwischen dem Demonstrationsrecht und dem staatlichen Bildungsauftrag.

Das bringt vor allem die AfD mächtig auf die Zinne. Robert Farle ist kaum zu zügeln: „Sie rufen zu offenem Rechtsbruch auf“, brüllt er in den Plenarsaal.„Pfui Deibel!“ CDU-Politiker Ulrich Thomas hält die Auffassung der Linken für „sehr bedenklich, sehr bedrohlich“. Er ruft Lippmann zu: „Sie haben eine Vorbildfunktion.“

Lydia Funke (AfD) attackiert die Ikone der weltweiten Schülerproteste, die schwedische Aktivistin Greta Thunberg. Diese sei „eine Geldmaschine der Klimaindustrie“, sagt Funke. Schülerdemonstrationen würden vom „linksextremistischen Spektrum unterwandert“, behauptet die AfD-Frau. Für Ex-AfD-Chef André Poggenburg, jetzt fraktionslos, sind die Schülerproteste wahlweise „Affentheater“, „Schmierenkomödie“ und „linker Hokuspokus“. Wie würden die Linken reagieren, wenn Schüler für andere Ziele demonstrieren würden, etwa gegen Multi­kulti?, fragt er.

Falko Grube (SPD) sagt: „Den Jugendlichen ist ihr Umfeld nicht scheißegal. Wir haben eine politische Jugend. Ihr Anliegen ist berechtigt. Ich bin froh, dass es die Demos gibt.“

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) plädiert dafür, sich inhaltlich mit den Positionen der Protestbewegung ausein­anderzusetzen. Die Demonstrationen griffen ein relevantes Thema auf, das man ernstnehmen und aufgreifen müsse. Aber: „Wir können und werden nicht von Grundfesten unseres Bildungssystems abrücken. Schulpflicht ist Schulpflicht.“ Laut Bildungsministerium gibt es Überlegungen für einen Jugendklimagipfel. Dabei könnten konkrete Projekte an den Schulen für mehr Klimaschutz angestoßen werden. An vielen Schulen existierten bereits hervorragende Initiativen. Das Ministerium verweist auf die Berufsschule in Salzwedel, die jedes Jahr eine „Woche der Nachhaltigkeit“ veranstalte. An der Schule würden auch Bienenvölker gehalten und der anfallende Honig selbst verarbeitet.

Die Klimakrise ist die größte Herausforderung für dieses Jahrhundert“, sagt Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. „Wenn es um eine solche bedeutende Frage geht, ist maximale Aufmerksamkeit gefordert. Ich finde großartig, was die jungen Leute mit den Demos erreicht haben.“

Angela Gorr (CDU) warnt davor „in Hysterie zu verfallen“. Genüsslich hält sie den Grünen Zitate von Winfried Kretschmann. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident hat mit Blick auf die Demos in der Schulzeit auch gesagt: „Das kann nicht ewig so weitergehen.“