1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Armbrustschütze hat "heimtückisch gehandelt"

EIL

Prozess Armbrustschütze hat "heimtückisch gehandelt"

Ein Mann soll 2018 in Wernigerode mit einer Armbrust auf Menschen geschossen haben. Nun hat der Prozess in Magdeburg begonnen.

Von Bernd Kaufholz 04.01.2019, 10:15

Magdeburg l Magdeburg l Dass der Angeklagte am Vormittag des 26. Juni 2018 rund 15 Eisenbolzen aus seiner Armbrust verschossen hat, gibt es keine Zweifel. Darüber, ob er gezielt auf zwei Menschen geschossen hat, darüber gehen die Meinungen von Staatsanwaltschaft und A. völlig auseinander.

Staatsanwalt Ralf Ebbing warf dem 33-Jährigen am Freitag vor, am Nachmittag des Tattag von seinem Dachgeschossfenster auf das gegenüberliegende Grundstück, die „Weiße Villa“, mit einem Sozial- und Lerntherapeutische internat, mit den 16 Zentimeter langen Bolzen beschossen zu haben. Eine große Zahl von ihnen blieb in der Fassade stecken.

Nachdem eine Frau darauf aufmerksam geworden war und sich den Schaden näher ansehen wollte, habe sie ein weiteres Geschoss knapp verfehlt. Ihr Glück war, dass sie sich im selben Augenblick gebückt hatte, um eine Katze zu streicheln, so der Staatsanwalt.

Nach diesem Schuss habe der Angeklagte den Standort gewechselt und aus einem anderen Fenster auf eine 18 Jahre alte Internatsbewohnerin gezielt. Diese habe sich abgeduckt. Der Täter habe wiederum abgedrückt. Von einem Internats-Mitarbeiter, der inzwischen alarmiert worden war, sei die juge Frau gerettet worden.

Teil 1 des Dramas hatte sich bereits einige Stunden zuvor in der Harzsparkasse abgespielt. Dort wurde A. aufgrund seines Verhaltens des Hauses verwiesen. Er habe sich „bedrohlich und aggressiv verhalten“, sagten zwei Bankangestellte am Freitag. So habe der Angeklagte Schnaps in der Sparkasse getrunken und einen Joint geraucht. Die Blutalkoholprobe hatte später tatsächlich einen Wert von 2,01 Promille festgestellt, eine Lasborumntersuchung zudem Cannabis.

Nachdem eine Sparkassenmitarbeiterin die Polizei verständigt hatte, verließ A. das Gebäude und ging selber zur Polizei. Dort knallte er einen Schlagring auf den Tisch. Dann ging er wieder. Wie der vernehmende Polizeibeamte am Freitag sagte: „Weil dort niemand etwas mit ihm anzufangen wusste.“ Dann habe A. erneut zur Armbrust gegriffen und auf die Frauen gechossen. Wenig später wurde A. in seiner Wohnung festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchngshaft.

Im Ermittlungsverfahren hatte der 33-Jährige eingeräumt, geschossen zu haben, allerdings die Absicht, Menschen zu treffen, vehement von sich gewiesen. Er habe nur auf eine Flasche gezielt, die auf einem Flachdach lag.

Am Freitag schwieg er. Rechtsanwalt Tobias Reulecke begründete das damit, dass gegen seinen Mandant „einseitig ermittelt“ worden sei. Er habe das Gefühl, dass nur Belastendes gesammelt wurde. So seien die örtlichen Gegebenheiten nicht berücksichtigt worden. „Niemand hat untersucht, ob aus 50 Meter Entfernung bei den herrschenden Sonnenverhältnissen überhaupt jemand hinter der Fensterscheibe zu erkennen gewesen ist.“ Auch wie die Sicht unter Berücksichtigung des Blattbewuchses der Bäume war, sei nicht begutachtet worden. Ebenso kritisierte Reulecke das ballistische Gutachten des Landeskriminalamts.

Am ersten Prozesstag wurden hauptsächlich Zeugen gehört, die zu dem „Auftritt“ des Angeklagten in der Sparkasse etwas sagen konnten. Kammervorsitzender Dirk Sternberg gab dem Angeklagten und seinem Anwalt einen Wink mit dem Zaunpfahl. Er könne zwar keine Vorschriften hinsichtlich der Verteidigungsstrategie machen, aber wenn sich A. doch noch entschließen könnte, sich psychiatrisch begutachten zu lassen, wäre das sicherlich nicht falsch. Während der Ermittlungen hatte es Hinweise darauf gegeben, dass der Angeklagte möglicherweise vor und während der Tat seelisch nicht im Gleichgewicht war.