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Prozess Höchststrafe für Halle-Attentäter?

Im Halle-Prozess haben die Vertreter des Generalbundesanwaltes die Höchststrafe für Stephan B. gefordert. Er soll lebenslang hinter Gitter.

Von Matthias Fricke 19.11.2020, 05:48

Magdeburg l „Der Anschlag glich einem Albtraum“, sagte Bundesanwalt Kai Lohse in seinem Plädoyer am Mittwoch im Prozess gegen den 28-jährigen Stephan B. aus Benndorf. Für den Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft steht nach mehr als 20 Prozesstagen die Schuld des Angeklagten fest. Es habe auch keine Beeinträchtigung seiner Schuldfähigkeit gegeben.

Lohse bezeichnete den Attentäter von Halle als Einzeltäter: „Es hat keine Anhaltspunkte auf Mitwisser, Helfer oder gar Mittäter gegeben.“ Stephan B. handelte aus antisemitischen, rassistischen, homophoben und frauenfeindlichen Motiven. Die Tat sei einer der widerwärtigsten antisemitischen Angriffe seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Für den Anschlag baute er sich im Vorfeld der Tat über mehrere Jahre sieben Schusswaffen und knapp 1500 Schuss Munition. Hinzu kamen zahlreiche Sprengsätze.

Insgesamt sieht Bundesanwalt Lohse zwei Morde und sechs Mordversuche gegen 67 Personen als erwiesen an. Die geforderten Einzelstrafen: Für die Holocaust-Leugnung, Volksverhetzung und friedensgefährdende Hetze unter anderem in seinen im Internet hochgeladenen Dokumenten forderte der Bundesanwalt als Einzelstrafe drei Jahre Haft.

Den Angriff auf die Synagoge bewertete der Ankläger als Mordversuch gegen insgesamt 51 jüdische Gemeindemitglieder. „Er wollte dabei eine möglichst große Zahl an Menschen töten“, so Lohse. Gleich mehrere Mordmerkmale seien hier erfüllt. Aus diesem Grund sieht er eine lebenslange Haft für diese Tat als angemessen an. Da bei Mordversuchen auch eine Freiheitsstrafe zwischen drei und 15 Jahren in Betracht kommen kann, hat er bei dieser Einzelstrafe die höchste Stufe angesetzt. Bei den beiden Passanten auf der Straße vor der Synagoge, auf die Stephan B. schießen wollte, dies wegen der Ladehemmung der Waffe aber nicht gelang, sieht der Bundesanwalt ebenfalls einen Mordversuch. Hier fordert er in beiden Fällen jeweils zwölf Jahre Einzelstrafe. Der vollendete Mord an Jana L. sei mit lebenslanger Haft zu ahnden. Der Angriff auf den Kiez-Döner-Imbiss erfülle den Tatbestand des Mordversuches an vier Personen in Tateinheit mit vollendetem Mord an Kevin S. Auch dafür soll es lebenslange Haft geben.

Als versuchten Mord wertete der Ankläger auch die missglückten Schüsse gegen mehrere Fußgänger vor dem Imbiss. 13 Jahre bzw. 14 Jahre Freiheitsstrafe sind dafür gefordert. Für den versuchten Mord gegen insgesamt fünf Polizisten kommen 15 Jahre Haft infrage. Die Schüsse gegen die Wiedersdorfer Jens. Z. und Dagmar M. sollen auch als Mordversuch mit jeweils 15 Jahren bestraft werden. Für den Raub des Taxis in Wiedersdorf (Saalekreis) kommen acht Jahre in Betracht. Die Verkehrsstraftaten auf der Flucht sollen mit zwei Jahren und drei Monaten geahndet werden.

Der Bundesanwalt bildete aus all dem eine Gesamtstrafe: Lebenslange Haft, wobei die besondere Schwere der Schuld festzustellen ist. Damit ist eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren nicht möglich. Aufgrund der weiter anzunehmenden Gefährlichkeit soll das Gericht auch eine anschließende Sicherungsverwahrung anordnen.

Ab 1. Dezember sollen die 21 Nebenkläger plädieren, die 45 Betroffene vertreten. Mit einem Urteil wird noch in diesem Jahr gerechnet.