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Prozess Mord an einem "Verräter"

Anfang März wird in Aschersleben eine übel zugerichtete Leiche gefunden. Musste der Mann sterben, weil er vor Gericht "gesungen" hatte?

Von Matthias Fricke 15.08.2017, 12:40

Magdeburg l Die beiden Hauptangeklagten Christoph F. (31) und Martin H. (32) werden von den Justizbeamten in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Robert M. (31) ist der Einzige aus dem Trio, der nicht in Untersuchungshaft sitzt. Justizwachtmeister durchsuchen am Dienstagmorgen im Magdeburger Landgericht die Taschen der Zuschauer und kopieren ihre Ausweise. Der Prozess findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Christoph F. soll angeblich Kontakte zur Rockergruppe der „Chicanos“ gehabt haben. Doch von ihnen taucht keiner auf. So bleiben die Prozess­beobachter überschaubar, als Staatsanwältin Antje Walter die Mord-Vorwürfe gegen das Trio verliest.

Begonnen hat demnach alles bei einer anderen Gerichtsverhandlung am 2. März dieses Jahres wegen zwei Raubüberfällen auf Supermärkte in Aschersleben und Gernrode, etwa 48 Stunden vor dem Verbrechen.

Bei dem damaligen Prozess am Magdeburger Landgericht zeigte sich das spätere Opfer und Vater von zwei Söhnen geständig. Der 32-jährige Roland B. belastete seinen damaligen Mitangeklagten Mirko A. mit seiner Aussage. Während dieser in Untersuchungshaft musste, durfte Roland B. bis zum nächsten Prozesstag nach Hause gehen. Doch er erlebte diesen nicht mehr. Sein Mitangeklagter wurde später zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt und sitzt seither in der Justizvollzugsanstalt Burg ein. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Für das Geständnis vor Gericht, so die Anklage, sollte es Rache geben.

Am 3. März saßen die drei Angeklagten abends in einer Gartenlaube in Aschersleben zusammen und tranken mit einem anderen Pärchen Alkohol. In dieser Laube haust Christoph F. mit seinem Mitangeklagten Martin H. seit seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Volkstedt, wiederum wegen einer anderen Verurteilung. Seinen Kumpel kannte er auch aus gemeinsamer Haftzeit.

Sie sollen alle erheblich getrunken haben, als das Pärchen gegen 21 Uhr wieder verschwand. Der Angeklagte Martin H. habe dann Kontakt zu seinem „Kumpel“ Roland B. über das soziale Netzwerk Facebook aufgenommen. Beide verabredeten sich an einer nahen Tankstelle, da das spätere Opfer die Örtlichkeit der Laube nicht genau kannte. Dort angekommen, habe man dann zu viert weiter getrunken.

Roland B. soll schließlich als „Verräter“ zusammengeschlagen worden sein. Staatsanwältin Antje Walter sprach von erheblicher stumpfer Gewalteinwirkung. Anschließend sei auf das Opfer auch zahlreiche Male mit einem spitzen Gegenstand, wahrscheinlich einem Messer, eingestochen worden. „Das Opfer verstarb an einem Polytrauma“, so Walter. Das sind mehrere Verletzungen in verschiedenen Körperregionen. Die Angeklagten sollen dann den Toten an einem Weg zwischen der Gartenanlage und der Anlieferungszone eines Supermarktes abgelegt haben. Passanten fanden die übel zugerichtete Leiche am Vormittag des 4. März.

Die Angeklagten hüllten sich zum Prozessstart in Schweigen. Einer von ihnen erklärte zwar, dass er nichts mit dem Verbrechen zu tun habe. Er wolle sich aber erst später weiter äußern. Der Prozess wird am 21. August fortgesetzt. Das Gericht will 26 Zeugen und zwei Sachverständige anhören.