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Prozess Pizza-Lieferung endet mit Mord

Weil er Geld und ein Auto brauchte, hat ein Mann aus Jessen (Kreis Wittenberg) einem Pizzaboten ein Messer in den Hals gerammt.

Von Matthias Fricke 23.10.2017, 19:22

Dessau l Im grauen Jogginganzug sitzt der 32-jährige Wolfgang K. am Montagmorgen neben seinem Verteidiger im Landgericht Dessau. Er hört angespannt zu, als Staatsanwältin Heike Kropf die Anklage verliest. Sie wirft ihm Mord aus Habgier, Heimtücke und zur Vertuschung einer Straftat vor. Er soll dem 56-jährigen Pizzaboten Andreas S. im Vorsatz eines Raubes vor der Haustür ein Steakmesser in den Hals gerammt haben. Die Klinge durchtrennte die Halsschlagader. Das Opfer verblutete. Der Angeklagte flüchtete ohne Beute, wurde wenig später gefasst.

Wolfgang K. zeigt sich gleich zum Prozess-Start geständig, bestreitet aber die Tötungsabsicht. Er erzählt, was an jenem 8. April dieses Jahres passiert ist: „Ich war am Nachmittag in Dessau beim Fußball.“Auf dem Rückweg nahm er den Zug nach Zahna, ein Ort etwa zehn Kilometer von seinem Zuhause in Jessen (Landkreis Wittenberg) entfernt. Von dort fuhr er weiter mit dem Fahrrad. Einen Führerschein hatte er schon seit letztem Jahr nicht mehr.

Weil er angeblich zu seiner schwangeren Ex-Freundin nach Strausberg bei Berlin wollte, die am nächsten Tag entbinden sollte, fasste er an jenem Abend gegen 20.30 Uhr den Entschluss einen Pizzaboten auszurauben. Er habe das Auto und Bargeld dringend benötigt. Der Kontakt zu seiner Ex-Freundin war schon im September 2016 abgebrochen, erklärt er auf Nachfrage der Richterin. Der Polizei hatte er vorher allerdings eine andere Version erzählt: Er wollte da nur zu einer geplanten Party.

Der Jessener bestellte zwei Pizzen und ein Fleischgericht, um auf den geforderten Mindestbestellwert von 25 Euro zu kommen. Das, obwohl er kein Geld mehr im Haus hatte. Danach holte sich K. ein Steakmesser aus dem Besteckkasten in der Küche und erwartete den Lieferdienst vor dem dreigeschossigen Mehrfamilienhaus.

„Ich wollte ihn nur erschrecken, nicht töten“, beteuert er. Doch als das Auto stoppte und der 56-Jährige ausstieg, kam alles anders. Auf die Frage, ob er die Pizza bestellt habe, verneinte Wolfgang K. und stieß mit dem Messer zu. Seine Begründung: „Ich weiß auch nicht, warum ich das getan habe.“

Weil immer mehr Blut floss, sei er in Panik davon gerannt. Das beobachtete ein Nachbar. Günther T. (65): „Ich habe das viele Blut gesehen und dachte erst, es wäre roter Sekt. Es rechnet doch keiner mit Mord.“

Der Rentner rief den Rettungsdienst. Als er sah, dass er nicht mehr tun konnte, verfolgte er den Flüchtenden. Doch nach einigen hundert Metern habe er ihn aus den Augen verloren. Wolfgang K. sah keinen Verfolger: „Ich habe mich hinter einer Ecke versteckt und erst einmal eine Zigarette geraucht. Ich musste damit klarkommen, was passiert ist.“ Nach zehn Minuten ging er zurück. „Als ich den Rettungswagen sah, lief ich weiter und warf das Messer in einen Bachlauf.“ Kurze Zeit später wurde er von Polizisten entdeckt. Es folgte die Festnahme.

Bereits Ende 2010 ist Wolfgang K. vom Magdeburger Landgericht zu einer fünfjährigen Haftstrafe wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Er hatte im Februar 2009 an einem Taxistand in Magdeburg grundlos auf ein Ehepaar eingeschlagen und versucht den Mann tot zu schlagen.

Dem Angeklagten droht nun eine lebenslängliche Haftstrafe. Mit einem Urteil wird am 10. November gerechnet.