1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Regierungskoalition streitet über Polizeireform

Rüdiger Erben bezeichnet bisherige Pläne als "unausgegoren" Regierungskoalition streitet über Polizeireform

Von Matthias Fricke 07.08.2013, 03:09

Magdeburg l Am Personalentwicklungskonzept für die Polizisten im Land gibt es inzwischen auch aus der Koalition Zweifel. Die Regierung will bis zum Jahr 2020 mit 4900 Stellen auskommen. Stahlknechts Reform soll die Polizei effektiver machen. SPD-Innenexperte Rüdiger Erben: "Das Personal reicht hinten und vorne nicht."

Er will heute bei einem Gespräch mit Innenminister Holger Stahlknecht auf "belastbare Zahlen" für das Vorhaben der Polizeireform drängen. Er rechnet vor: "Wenn pro Gemeinde zwei Regionalbereichsbeamte eingesetzt werden und die neuen Einsatzkreise für Funkstreifenwagen kommen, dann sind nach meinem Überschlag rund 1600 Beamte allein dafür nötig. Von den 4900 geplanten Polizisten im Jahr 2020 blieben da nicht viel übrig. Diese müssten aber den Großteil der Polizeiarbeit wie Ermittlungen oder Fußballeinsätze erledigen. Das geht einfach nicht auf." Erben nannte die Reformvorschläge "unausgegoren". Es müsse erst feststehen, wie viel Personal benötigt wird, um eine Entscheidung zu treffen. Bisher habe man sich nur auf einen Fahrplan verständigt.

Erbens Parteikollege, Innenausschussvorsitzender Ronald Brachmann: "Wir können den vier Direktionen unter einem Landespolizeiamt so nicht zustimmen. Es sind einfach noch zu viele Fragen offen." Er hält es sogar für möglich, dass für den Reformvorschlag noch mehr Personal benötigt werde.

Kritik hagelt es auch von der Polizei. Wolfgang Ladebeck von der Deutschen Polizeigewerkschaft: "Ich frage mich, wo Herr Stahlknecht die ganzen Regionalbereichsbeamten und Streifenpolizisten hernehmen will. Wir schaffen außerdem mit den vier Direktionen wieder mehr Häuptlinge als Indianer. Das ist doch ein Rückschritt." Der entscheidende Punkt für ihn sei aber, dass ab 2016 jährlich bis zu 300 Beamte in den Ruhestand gehen, aber nur 150 neue nachkommen. "Deshalb müsste schon jetzt dringend gegengesteuert werden. Ein Polizist ist nicht von heute auf morgen ausgebildet." Uwe Petermann von der Gewerkschaft der Polizei: "Die Rechnung geht personell vielleicht bis 2016 mit den zugesagten 6000 Polizisten und 2000 Verwaltungsbeamten auf. Alles, was danach kommt, geht zu Lasten der Polizei. Und das muss der Finanzminister dem Bürger erklären." In der Kritik steht bei den Beamten und der Opposition auch die Schließung der Polizeistationen. Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der Grünen: "Die Schließung aller lokalen Polizeistationen sehen wir kritisch. Sinnvolle, die sich an Kriminalitätsschwerpunkten befinden oder schwierig zu erreichen sind, müssen bleiben."

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU): "Wir ermitteln zurzeit noch, wie viele Beamte für die neuen Einsatzkreise und wie viele Regionalbereichsbeamte benötigt werden. Es ging bisher nur um das grundsätzliche Modell." Alles andere werde im Detail noch in den mit den Bürgermeistern laufenden Workshops besprochen. Ab Mai 2014 gebe es in zwei Landkreisen einen Testlauf für die neuen Einsatzkreise. Wo genau, werde noch festgelegt. Was das Personalentwicklungskonzept bis 2020 betrifft, sagt er: "Ob die Zahlen nach 2016 unter die im Koalitionsvertrag ohnehin zugesicherten 6000 Beamten sinken, darüber ist das letzte Wort nicht gesprochen."