Trotz Euro-Schuldenkrise auf Rekordkurs Ackermann will Deutsche Bank "besenrein" übergeben
Die Führungskrise ist beigelegt, das Geschäft läuft trotz Euro-Schuldenkrise vergleichsweise rund: Die Deutsche Bank bleibt auf Rekordkurs. Noch-Konzernchef Ackermann sieht jedoch wachsende Schwierigkeiten. Er will das Haus 2012 besenrein übergeben.
Frankfurt/Main (dpa). Die Euro-Schuldenkrise bremst die Deutsche Bank kaum auf ihrem Rekordkurs. Zwar machten die Turbulenzen im Handelsgeschäft dem deutschen Branchenprimus zu schaffen. Doch das konnte der Konzern dank der zugekauften Postbank und eines stärkeren Privatkundengeschäfts ausgleichen.
Nach den gestern vorgelegten Zahlen verdiente der DAX-Konzern im zweiten Quartal unter dem Strich rund 1,2 Milliarden Euro. Das waren entgegen den Markterwartungen nur magere drei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dennoch ist Konzernchef Josef Ackermann auf dem Weg, sein ehrgeiziges Jahresziel eines operativen Vorsteuergewinns von zehn Milliarden Euro zu erreichen – und die Bank 2012 mit dem besten Ergebnis der Unternehmensgeschichte an seine Nachfolger Anshu Jain und Jürgen Fitschen zu übergeben.
Am Ende des ersten Halbjahres waren mit 5,5 Milliarden Euro schon mehr als die Hälfte der angestrebten 10 Milliarden Euro erreicht. Ackermann wies jedoch im Quartalsbericht auf zunehmende Schwierigkeiten hin: "Vieles hängt von einer reibungslosen und nachhaltigen Lösung der europäischen Schuldenkrise ab." Voraussetzung sei zudem "ein deutlich verbessertes operatives Geschäftsumfeld in der zweiten Jahreshälfte 2011".
Rückzug aus Krisen-Staaten
Gegen mögliche Rückschläge aus den kriselnden Euro-Staaten wappnete sich Deutschlands größte Bank bereits: Im ersten Halbjahr kappte die Bank ihr Engagement in den von der Schuldenkrise betroffenen Ländern Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien – den sogenannten PIIGS-Staaten – um 70 Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro.
Am deutlichsten reduziert wurde das Risiko in Italien: von 8,0 Milliarden Ende 2010 auf 997 Millionen Euro Ende Juni 2011. Die Bank hält zudem noch griechische Staatsanleihen im Wert von knapp 1,2 (Ende 2010: 1,6) Milliarden Euro. Der Bestand spanischer Anleihen sank auf rund 1,1 (2,3) Milliarden Euro. Für Portugal weist die Bank aktuell einen Wert von 153 (minus 12) Millionen Euro aus. Das irische Engagement weitete sich leicht auf 296 (237) Millionen Euro aus. Auf Anleihen des Pleitekandidaten Griechenland schreibt die Deutsche Bank 155 Millionen Euro ab. Darin sind allerdings noch nicht die Auswirkungen des in der vergangenen Woche beschlossenen Rettungspakets enthalten, wie ein Sprecher erklärte. Die genauen Folgen einer freiwilligen Beteiligung an den Hilfen für Athen werde noch geprüft, heißt es im Quartalsbericht.
Nach den Brüsseler Beschlüssen vom vergangenen Donnerstag will die europäische Finanzbranche im ersten Schritt rund 50 Milliarden Euro zur Griechenland-Rettung beitragen, indem sie griechische Staatsanleihen in neue Papiere mit längeren Laufzeiten tauscht und Abschläge in Kauf nimmt. Dass die Deutsche Bank sich beteiligt, gilt als sicher, schließlich hatte Ackermann an der Lösung mitgewirkt. Im zweiten Quartal musste die Bank wegen der Turbulenzen an den Märkten vor allem im Investmentbanking – der Sparte des künftigen Co-Vorstandsvorsitzenden Jain – Rückschläge hinnehmen. In dem Bereich, zu dem der Handel mit Devisen, Rohstoffen und Aktien zählt, führte die Schuldenkrise zu Unsicherheiten bei Anlegern und damit zu deutlich gesunkenen Umsätzen, wie Ackermann erklärte.
Die Investmentbanking-Sparte "Corporate Investment Bank" kam im zweiten Quartal auf einen Vorsteuergewinn von 1,275 (Vorjahresquartal: 1,257) Milliarden Euro. Dagegen legte das Privatkundengeschäft dank der Übernahme der Postbank kräftig zu. Der Vorsteuergewinn dieser Sparte kletterte auf 684 (299) Millionen Euro.
Insgesamt erhöhten sich die Erträge des Konzerns binnen Jahresfrist um 19 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. Der Vorsteuergewinn stieg um 17 Prozent auf knapp 1,8 Milliarden Euro. Der Konzern beschäftigte Ende Juni 101 694 Vollzeitkräfte, davon knapp die Hälfte (48 866) in Deutschland.
Noch-Konzernchef ist bestens vernetzt
Eigentlich sollte für Ackermann schon 2010 Schluss sein. Doch Anfang 2009 entschloss er sich, bis 2013 zu bleiben. "Der Wunsch des Aufsichtsrats und vieler Mitarbeiter haben dazu geführt, dass ich sage, ich sehe mich in der Pflicht und stelle meine persönliche Lebensplanung zurück", sagte der damals 61-Jährige. Manche vermuten, er habe auch verhindern wollen, dass Aufsichtsratschef Clemens Börsig seine Nachfolge anträte.
Ackermann wird analytischer Weitblick, ausgeprägtes Gespür für wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge, ausgleichendes Wirken sowie eine herausragende kommunikative Begabung nachgesagt. Der Doktor der Wirtschaftswissenschaften ist exzellent vernetzt in Wirtschaft und Politik. Das dürfte auch so bleiben, wenn der Schweizer den Vorstandsvorsitz der Deutschen Bank abgegeben hat. Die Bundesregierung zieht ihn unmittelbar bei Entscheidungen zurate.