1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Rettungsschirm und Zwangsjacke

Bürgermeister unschlüssig, ob sie neues Hilfsprogramm annehmen Rettungsschirm und Zwangsjacke

Von Jens Schmidt 22.01.2013, 02:37

Magdeburg l Wie viele der 150 hoch verschuldeten Kommunen des Landes unter den neuen Rettungsschirm Sachsen-Anhalts schlüpfen, ist bislang unklar. Offenbar ist das 400 Millionen Euro schwere Hilfsprogramm des Landes nicht für alle Bürgermeister verlockend. "Der Tenor ist nicht einheitlich", sagte gestern der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds Jürgen Leindecker nach der Präsidiumssitzung in Magdeburg.

Vielen sei noch unklar, ob es sich angesichts harter Auflagen lohne, das Hilfsangebot des Landes anzunehmen. Etlichen Bürgermeistern sei überdies schleierhaft, wie sie die Eigenanteile schultern sollen, sagte Leindecker.

Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) bietet den Kommunen 400 Millionen Euro an, mit denen sie in den nächsten zehn Jahren einen Teil ihrer alten Kassenschulden tilgen können. Diese sogenannten Altfehlbeträge haben sich in den vergangenen Jahren zu einem 1,16 Milliarden großen Schuldenberg aufgetürmt. Kommunen, die Bullerjahns Offerte annehmen wollen, müssen harte Auflagen erfüllen. So müssen sie kostendeckende Gebühren kassieren und notfalls auch mit anderen Gemeinden zu einer Einheitsgemeinde fusionieren.

"Können wir eigenen Beitrag überhaupt erwirtschaften?"

Außerdem übernimmt das Land lediglich einen Teil der Altlast. Von den Kassenschulden wird zunächst ein bestimmter Beitrag abgezogen, den die Kommunen allein zu tragen haben. Dieser beträgt 20 Prozent der Jahreseinnahmen der jeweiligen Gemeinde. Von den verbleibenden Schulden übernimmt das Land dann zwischen 30 und 90 Prozent. Der Hilfssatz richtet sich nach der Steuerkraft der Gemeinde und deren Verschuldung. "Viele fragen sich, ob sie die Eigenanteile überhaupt erwirtschaften können", sagte Leindecker. Außerdem sei den Bürgermeistern wichtig, dass die vom Land fließenden Hilfsgelder nicht als Einnahmen angerechnet würden. "Die Kommunen bekämen dann zwar Geld, das ihnen beim Finanzausgleich wieder abgezogen würde", wies Leindecker auf die Folgen hin.

Leindecker will die Kritikpunkte dem Finanzausschuss vorlegen. Der soll am 30. Januar die erste Hilfstranche im Haushalt über etwa 30 Millionen Euro genehmigen.

Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) hatte kritisiert, dass die Gelder ungerecht verteilt würden. Gemeinden, die schlecht gewirtschaftet hätten, würden übermäßig bevorteilt.

So kann Magdeburg maximal 25 Millionen Euro erhalten, Halle etwa 75 Millionen Euro. Doch Bullerjahn erhielt für seine Verteilformel in beiden Koalitionsfraktionen SPD und CDU Unterstützung. "Die Defizit-Ursachen können jetzt nicht gerecht beurteilt werden", sagte CDU-Fraktionschef André Schröder.