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Rote Liste Diese acht Tiere sind bedroht

Viele Tiere in Sachsen-Anhalt sind auf dem Rückzug. Zum Tag des Artenschutzes am 3. März stellt die Volksstimme acht bedrohte Arten vor.

Von Alexander Walter 28.02.2017, 00:01

Magdeburg l Er ist klein, weiß-braun und emsig. Bis zu 50 Kilogramm Getreide kann ein Feldhamster vor dem Winterschlaf in seinen Bau verfrachten. Auf solche Werte kommt der kleine Racker allerdings längst nicht mehr. Zu schnell pflügen Bauern Getreidereste auf den Äckern nach der Ernte unter.

„Der Hamster geht deshalb immer häufiger hungrig in den Winterschlaf“, sagt Ubbo Mammen, Experte beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Viele Tiere würden das Frühjahr inzwischen nicht mehr erleben. In Nordrhein-Westfalen sei der Hamster im vergangenen Jahr ausgestorben. Während auch in Baden-Württemberg nur noch einige hundert Exemplare existieren, werde der letzte Hamster Deutschlands wegen der guten Böden in Sachsen-Anhalt leben.

Weil sein Lebensraum auch hier mit den Interessen des Menschen kollidiert, ist der Nager im Land zum Politikum geworden. In Sangerhausen stoppte das Oberverwaltungsgericht die Umsiedlung von 40 Hamstern für einen Gewächshauskomplex auf Antrag des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND).

Alles Hysterie oder angebracht? Naturschützer und Politik liefern sich um diese Frage erbitterte Grabenkämpfe. Dabei geht es längst auch um andere Arten. Der Streit um Ziegenmelker und Fledermäuse etwa verzögerte den Bau der A 14 um Jahre. Fest steht: Um die Artenvielfalt im Land ist es trotz Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten nicht zum Besten bestellt. Viele einst verbreitete Tiere befinden sich auf stillem Rückzug:

Die Großtrappe steht auf der Roten Liste bedrohter Arten. Sie gehört zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Erde. Noch vor 55 Jahren war sie auf fast allen Acker- und Grünflächen im Land zu finden, sagt Henrik Watzke vom Förderverein Großtrappenschutz in Nennhausen. Auch dank Handaufzucht des Brandenburger Vereins gibt es inzwischen immerhin wieder 72 Tiere im Fiener Bruch (Jerichower Land). Die Großtrappen fallen der intensiven Landwirtschaft zum Opfer, sagt Watzke. Für die Brut benötigen sie mindestens 24 Tage. Zu häufiges Mähen zerstört ihre Gelege. Gifte gegen Insekten entziehen ihnen die Nahrungsgrundlage.

Auch der Kiebitz leidet unter der Landwirtschaft. Der Vogel ist für seine spektakulären Balzflüge bekannt. Doch die wenigsten werden den Feuchtwiesen-Bewohner dabei zu Gesicht bekommen. Bundesweit ist der Bestand seit 1980 um bis zu 90 Prozent zurückgegangen, sagt Annette Leipelt vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Seit 2015 steht er auf der internationalen Roten Liste bedrohter Vögel. In Sachsen-Anhalt ist er noch am ehesten an der Elbe und im Drömling anzutreffen.

Schlecht bestellt ist es auch um den Rotmilan. Dabei trägt das Land für ihn besondere Verantwortung. 60 Prozent des Weltbestands leben in Deutschland, sagt Gunthard Dornbusch von der Vogelwarte in Steckby (Zerbst), 10 Prozent allein in Sachsen-Anhalt. Auch der Rotmilan kommt immer schlechter mit der intensiven Landnutzung zurecht. Durch dichte Monokulturen aus Getreide erkennt er seine Beutetiere nur schlecht. Immer wieder fliegen Vögel zudem in Windkraftanlagen und Strommasten. In Sachsen-Anhalt lebten zuletzt noch gut 2000 Paare.

Früher war er als Eierdieb in fast jedem Dorf bekannt. Inzwischen aber ist der Iltis extrem selten geworden. „2016 gab es noch ganze 20 Tiere in Altmark, Harz und Wittenberger Land“, sagt Biologin Antje Weber. „Alles spricht dafür, dass der Iltis in Sachsen-Anhalt ausstirbt“, so Weber. Dem kleinen Räuber macht vor allem der Straßenverkehr zu schaffen. 80 Prozent der getöteten Tiere würden überfahren, sagt Weber. Der Iltis reagiert zudem extrem empfindlich auf Pflanzenschutzmittel. Die Zahl der Welpen pro Wurf sank auch deshalb von sieben in den 1980er Jahren auf aktuell vier.

An lauen Maiabenden erfüllte ihr Ruf einst die Luft in den östlichen Niederungen des Landes. Doch auch die Lebensräume der Rotbauch­unke schwinden. „Der Art geht es sehr schlecht“, sagt Martin Schulze vom Büro für Ökologie und Naturschutz in Halle. Von 470 Fundorten Anfang der 90er Jahre seien noch ganze 100 übrig. Vorkommen gibt es noch im Havelland, an der Elbe und in einer Tongrube bei Querfurt. Zu erkennen ist die kleine Unke an der roten Färbung an der Bauchseite. Zu schaffen macht dem Tier die Trockenlegung der Landschaft. Auch die Hochwasser der vergangenen Jahre spülten viele Tiere aus ihrem Lebensraum.

Den filigranen Fledermäusen werden immer häufiger Windkraftanlagen zum Verhängnis. „Viele geraten in den Sog der Rotorblätter“, sagt Joachim Steinborn vom Arbeitskreis Fledermäuse. Zu schaffen macht dem kleinen Säugern zudem die Abnahme von Insekten als Nahrungsquelle. Um 80 Prozent sei deren Masse seit den 1980er Jahren zurückgegangen, sagt Bernd Ohlendorf vom Arbeitskreis. Nicht zuletzt schrumpfen die Lebensräume der lautlosen Jäger. Als Rückzugsort bevorzugen sie naturnahe Wälder und unsanierte Dachböden. Beides gibt es immer seltener.

Die gute Nachricht kommt zum Schluss: Die Wildkatze gibt es wieder häufiger in Sachsen-Anhalt. Der kleine Tiger des Waldes streift vor allem im Harz durchs Gehölz. Auf rund 600 Tiere schätzt Nicole Hermes vom BUND-Wildkatzenbüro Saalekreis den Bestand im Land.

Über den Berg ist auch diese Art deshalb aber längst nicht. Straßen und Gleise zerschneiden immer häufiger die Vorkommen des Jägers. Der Wildkatze droht die Inzucht, sagt Hermes. Der BUND steuert mit grünen Korridoren aus Bäumen Sträuchern dagegen.