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Einige Gemeinden erwarten fünfmal so hohe Kosten wie bisher Rundfunkgebühr belastet Kommunen

Von Elisa Sowieja 01.03.2013, 02:16

Sachsen-Anhalts Kommunen müssen für den Rundfunkbeitrag tiefer in die Tasche greifen. Mit dem neuen Abrechnungssystem erwarten sie bis zu fünfmal so hohe Beiträge wie bisher. Der Städte- und Gemeindebund fordert Nachbesserungen.

Magdeburg l In Osterburgs Kitas und Horten läuft weder Fernseher noch Radio. Rundfunkbeiträge muss die Altmärker Einheitsgemeinde seit Januar trotzdem für sie zahlen. Denn wegen des neuen Abrechnungssystems der öffentlich-rechtlichen Anstalten wird in Kommunen sowie in Firmen für jede Betriebsstätte ein GEZ-Beitrag fällig - egal, ob es ein Empfangsgerät gibt.

Für 2013 erwartet Osterburg einen Kostenbescheid über 1438 Euro, mehr als fünfmal so viel wie bisher. Die Kommune stellte sich bei einer Umfrage unserer Lokalredaktionen neben Genthin (Jerichower Land) als diejenige mit dem höchsten Gebührenanstieg heraus. Doch auch andere erwarten deutliche Mehrkosten (siehe Kasten).

Jürgen Leindecker vom Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt fordert Nachbesserungen am Berechnungssystem. "Der Großteil öffentlicher Einrichtungen muss von der Gebühr befreit werden", sagt er. Das findet auch Osterburgs Bürgermeister Nico Schulz: "Wir sind gern bereit, für öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu zahlen. Aber man sollte Kommunen mehr entgegenkommen als Großbetrieben." Leindecker hält zudem die Berechnung - sie richtet sich nach der Anzahl von Betriebsstätten, Beschäftigten und Fahrzeugen - für zu kompliziert. Beispielsweise sei nicht ganz klar, ob für freiwillige Feuerwehren gezahlt werden müsse. "Für solch umfangreiche Gebührenermittlung haben die Gemeinden keine Zeit."

Die Probleme in den Kommunen leitet der Landesverband an den Deutschen Städte- und Gemeindebund weiter. Dieser wird angehört, wenn es um Nachbesserungen am sogenannten Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geht, der das Abrechnungssystem beinhaltet und den die Bundesländer ausgehandelt haben.

"Uns wird ein Stückchen finanzieller Leistungskraft entzogen."

Was hat die Landesregierung bisher unternommen, um eine Lösung wegen der Mehrkosten zu erzielen? Auf Volksstimme-Anfrage erklärt ein Sprecher, man könne noch keine gesicherte Angabe zu den Auswirkungen des Vertrages auf die Kommunen machen, da der Umstellungsprozess noch nicht abgeschlossen sei. Die Staatskanzlei befinde sich in kontinuierlichem Kontakt mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Weiter heißt es: "Der MDR hat den kommunalen Spitzenverbänden im Jahr 2012 Informationsgespräche angeboten, um die Kommunen in den Prozess einzubeziehen. Davon wurde leider kein Gebrauch gemacht."

Einen Teilerfolg haben die Kommunen vorige Woche errungen: Bei einem Treffen der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mit dem ZDF-Intendanten Thomas Bellut hat dieser eingeräumt, dass die neue Berechnung bei Kommunen zu einer Mehrbelastung führt. Er erklärte sich bereit, bei den Staatskanzleien anzuregen, den Zeitpunkt der Evaluation des Konstruktes zu überprüfen. Bisher ist sie erst für Herbst 2014 vorgesehen.

Auf Volksstimme-Anfrage erklärt auch MDR-Verwaltungsdirektorin Astrid Göbel: "Unangemessen hohe Belastungen der Kommunen sind nicht im Interesse des MDR." Unklarheiten werde man gemeinsam mit ihnen kurzfristig beseitigen.

Die Städte und Gemeinden können zunächst nur abwarten. "Ein akutes Problem sind die Mehrkosten nicht", sagt Genthins Bürgermeister Lothar Bernicke. "Aber uns wird ein Stückchen finanzieller Leistungskraft entzogen."