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Sachsen-Anhalt Kompromiss statt Krawall?

Haldenslebens suspendierte Bürgermeisterin Regina Blenkle kehrt womöglich bald ins Amt zurück. Die Vorwürfe sind dem Richter zu unkonkret.

Von Jens Kusian 24.10.2020, 01:01

Haldensleben/Magdeburg l Seit Februar 2017 ist Regina Blenkle, die seit 2015 Bürgermeisterin ist, im Zuge eines Disziplinarverfahrens gegen sie vorläufig suspendiert. Erst im Oktober hat die gerichtliche Verhandlung darüber vor dem Verwaltungsgericht begonnen.

26 Vorwürfe stehen in der Klageschrift, die der Stadtrat eingereicht hat. Es geht unter anderem um Verstöße gegen das Beamtenstatusgesetz, gegen das Kommunalverfassungsgesetz, gegen das Personalvertretungsgesetz, gegen das Sparsamkeitsprinzip der Haushaltssatzung sowie gegen beamtenrechtliche Pflichten.

In einem Großteil der Klageschrift wirft der Stadtrat der Bürgermeisterin vor, ihm Informationen gar nicht oder nicht zeitnah übermittelt zu haben. „Die fehlende Zusammenarbeit mit dem Stadt- rat zieht sich durch. Es scheint ein großes Kommunikationsproblem zwischen beiden Organen zu geben“, resümiert der Vorsitzende Richter Klaus Friedrichs.

Bei vielen Vorwürfen, welche die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat betreffen, sei es eine Frage der Bewertung, ob überhaupt ein Verstoß vorliegt, so der Richter. Zu unkonkret sind da aus seiner Sicht die Punkte in der Klageschrift.

Doch Verstöße gebe es durchaus, macht der Richter deutlich, und nennt das Beispiel der Haldensleber Wohnungsbaugesellschaft. Hier hatte die Bürgermeisterin unter anderem eigenmächtig den Gesellschaftsvertrag des städtischen Tochterunternehmens ändern lassen – und damit gegen einen Stadtratsbeschluss verstoßen.

Der Rat wirft Blenkle desweiteren vor, ihre Stellung missbraucht zu haben, um Freunde und Wahlkampfhelfer zu Posten zu verhelfen. Aber auch das war dem Richter nicht konkret genug. Bei ihren Personalentscheidungen gäbe es durchaus einen gewissen Handlungsspielraum für die Bürgermeisterin, macht Friedrichs deutlich. Ihm würden auch hier zum Teil die konkreten Vorwürfe fehlen.

Sogar strafbare Handlungen hatten die Ratsmitglieder im Disziplinarverfahren geltend gemacht. So soll die Bürgermeisterin das Löschen und Verstecken von dienstlichen Daten veranlasst haben. Die Einrichtung eines externen Zugangs zu dienstlichen Daten, den sie auch nach ihrer Suspendierung hätte nutzen können, sieht der Stadtrat als Vorbereitung zum Ausspähen und Abfangen von Daten. In zwei Fällen soll Blenkle zudem dafür gesorgt haben, dass Knöllchen, die sie sich mit dem Dienstwagen eingefangen hatte, nicht bearbeitet wurden.

Auch das Verschwinden von Akten aus dem Büro der stellvertretenden Bürgermeisterin Sabine Wendler kurz nach der Suspendierung von Regina Blenkle im Februar 2017 ist vor Gericht zur Sprache gekommen. Blenkle hatte bereits eingeräumt, dass sie die Akten „sichergestellt“ hatte. In diesem Fall steht noch ein Strafprozess vor dem Amtsgericht in Haldensleben, der klären könnte, wer wann was und auf wessen Geheiß gemacht haben soll.

Richter Klaus Friedrichs wertet zumindest das als ein Vergehen: „Dass sie nicht gesagt hat, wo die Akten sind, obwohl sie es wusste, das ist schon ein schwerer Verstoß, das geht gar nicht!“.

Trotzdem legte er den Streitparteien eine Einigung nahe. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass die Kammer für Disziplinarsachen wohl nicht im Sinne des Stadtrats entscheiden wird, der die dauerhafte Entfernung der Bürgermeisterin aus dem Amt anstrebt. Der Richter regt stattdessen eine strenge Disziplinarmaßnahme an: eine Gehaltskürzung bis zu 20 Prozent über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren.

Der Haldensleber Stadtrat wird sich nichtöffentlich auf einer außerordentlichen Sitzung am 12. November mit dem Thema beschäftigen und eine Entscheidung dazu treffen. Ein Fortsetzungstermin vor dem Verwaltungsgericht steht noch nicht fest. Sollten sich beide Parteien einigen, könnte Regina Blenkle zeitnah ins Haldensleber Rathaus zurückkehren.