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Sachsen-Anhalt Privates Weihnachtswunder in Merseburg

Ein weißes Haus in einer Merseburger Siedlung verwandelt sich im Advent in ein kleines Weihnachtswunderland.

29.11.2020, 12:07

Merseburg (dpa) l In der Adventszeit kann Herbert Thews aus Merseburg Kinderaugen auf Knopfdruck zum Leuchten bringen. Jeden Tag um 16.00 Uhr drückt der 90-Jährige auf ein paar Fernbedienungen. Dann fangen mehrere große Pyramiden in seinem Vorgarten an sich zu drehen, ein übermannshoher Schwibbogen leuchtet auf. Zwei weitere Knöpfe, die auch für Besucher über seinen Gartenzaun erreichbar sind, sorgen dafür, dass ein Glockenspiel und eine Spieluhr erklingen. Thews hat sein Siedlungshaus zu einem privaten Weihnachtswunderland gemacht. Alles ist Handarbeit, entstanden in seiner Drechselwerkstatt.

"Ich habe schon vor 40 Jahren angefangen", erzählt Thews. Damals habe er noch als Schlosser im Waggonbau Ammendorf gearbeitet. Die Werkstatt habe er sich eingerichtet, um nebenbei Geld zu verdienen. "Unser Verdienst war ja nicht so wilde gewesen wie im Westen." Weihnachtsartikel im erzgebirgischen Stil waren begehrt. Irgendwann habe er dann angefangen, Pyramiden auch für seinen Vorgarten zu bauen. "Als Rentner braucht man ja eine Beschäftigung." Aus 960 Einzelteilen bestehe die aufwendige Dekoration, die er jedes Jahr aufbaut.

Während Thews erzählt, stehen zwei Fußgängerinnen auf der anderen Straßenseite und warten, dass die Lichter angehen. Sie seien extra aus dem benachbarten Schkopau herspaziert, sagt eine 81-Jährige. "Man kann stundenlang stehen und gucken. Das geht einem richtig ans Herz." Sie und ihre Begleiterin kämen jedes Jahr mehrmals in der Adventszeit vorbei. "Meine Enkelin sagt: "Das sind drei Kilometer. Oma, willst Du das wirklichen gehen?"", erzählt die 74-Jährige. Aber der Weg zu Thews lohne sich einfach. "Es ist unglaublich, was der Mann geschaffen hat."

Für die Kinder hat sich der Handwerker etwas Besonderes einfallen lassen. Jeden Tag um 18.00 Uhr öffnet sich ein kleines Fensterchen im Giebel seines weiß getünchten Hauses. Dann schiebt sich eine kleine Sandmannfigur mechanisch angetrieben heraus. "Der Sandmann winkt. Dann sechs Mal läuten. Dann geht er zurück", erzählt Thews. "Im Fernsehen kommt der Sandmann um sieben. Bei mir kommt er um sechs. Da können ihn die Kinder zweimal sehen."

Thews "Weihnachtshaus" sei weit über Merseburg hinaus bekannt, erklärt Stadtsprecherin Elke Benne. "Es ist immer wieder schön anzusehen, auf welche Art und Weise er die Weihnachtszeit genießt. Gerade in der jetzigen schwierigen Zeit wird er mit seinem Weihnachtshaus viele Herzen erwärmen und wie jedes Jahr Kinderaugen strahlen lassen."

Herbert Thews ist es wichtig, dass die Figuren in seinem Vorgarten auch die Weihnachtsgeschichte erzählen. "Zu Weihnachten gehört die Geburt von Jesus Christus dazu", sagt der 90-Jährige und deutet auf eine Pyramide, auf der einen Krippenszene zu sehen ist. Zwar strahlen auch viele Lichter, was der 90-Jährige auch auf seiner Stromrechnung merkt. "Das sind schon ein paar Pfennige, die ich in dem Monat mehr bezahlen muss." Aber Thews betont: "Das ist keine Partybeleuchtung." Wenn alles erleuchtet sei, das sei für ihn Weihnachten.