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Sachsen-Anhalt Protestruf aus der Belegschaft

Am Magdeburger Uniklinikum hat der Personalrat scharfe Kritik am Management des Vorstands in der Corona-Krise geübt.

Von Alexander Walter 25.03.2020, 18:55

Magdeburg l In internen Schreiben, die der Volksstimme vorliegen, finden die Vertreter der 3300 Beschäftigten des Magdeburger Uniklinikums deutliche Worte an ihren Klinik-Vorstand: „Wir bekommen zahlreiche Anrufe von Mitarbeitern, die ‚ganz schön auf dem Baum sind‘“, heißt es dort. Noch immer würden etwa in Augenklinik, Chirurgie oder HNO Patienten für reguläre Behandlungen aufgenommen.

Problematisch sei das, weil dafür ohnehin knappe Schutz-Materialien wie Masken, Handschuhe, aber auch Medikamente verbraucht würden: Diese werde man in den kommenden Monaten noch dringend benötigten, warnt Personalrat Markus Schulze.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die Kliniken gebeten, nicht notwendige Behandlungen und OPs zu verschieben, um Kapazitäten für mögliche Corona-Patienten vorzuhalten. „Können die anderen ja machen … aber wir nicht???“, fragt Schulze.

Pflegekräfte hätten berichtet, aus der Hygiene-Abteilung seien Signale gekommen, dass – so lange es sich nur um Corona-Verdachtsfälle handelt – keine Schutzkleidung notwendig sei, um Ressourcen zu sparen, schreibt der Personalrat.

Es könne nicht sein, dass Abstriche am Schutz des Personals gemacht würden, gleichzeitig aber weiter Patienten für reguläre Behandlungen bestellt würden, nur um Geld zu verdienen.

Ein Weiter so sei vorsätzliche Gefährdung der Kollegen, so Schulze. Und weiter: „Sorry Mitglieder des Klinikumsvorstandes – eure Mitarbeiter sind hochgradig verunsichert und verstehen euch nicht mehr!“ Die Klinikleitung widerspricht der Kritik: Laut Pandemieplan seien die Universitätsklinika nicht zuerst für die Versorgung von Corona-Patienten zuständig, sondern sollen vorrangig die Akutversorgung anderer Erkrankungen absichern, teilte das Haus mit.

„Deshalb werden weiter alle Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen behandelt, deren Versorgung aus medizinischen Gründen nicht verschiebbar ist.“ Darunter fallen Schmerztherapien, Krebs-Behandlungen und Operationen etwa bei Brust- und Darmkrebs. Zudem würden Corona-Patienten mit komplexem Behandlungsbedarf aufgenommen.

Den Vorwurf, Mitarbeiter zu gefährden, wies die Leitung zurück: „Der Vorstand versichert, dass er alles tun wird, um die Krise zu bewältigen.“ Dazu zählten insbesondere Bemühungen um ausreichende Schutzausrüstung. Dabei setze man nicht nur auf die Bundesregierung, sondern kümmere sich selbst. Für gestern erwartete das Klinikum Nachlieferungen, sagte Klinikchef Hans-Jochen Heinze. Zudem habe man eine Firma gefunden, die Mund- und Nasenschutz für das Haus herstellen werde. Außerdem gelte inzwischen eine Mund-Nasenschutz-Pflicht beim Dienst am Patienten.

Das Vorgehen bei der Patientenaufnahme sei in allen Uniklinika vergleichbar, ergänzte Heinze. Auf Anfrage bestätigte die Uniklinik Halle, auch sie nehme weiter Patienten für nicht verschiebbare Behandlungen auf.

Heinze sagte, bedenklich sei, dass viele Uni-Klinika derzeit den Trend beobachteten, dass Patienten selbst entscheiden, zu Hause zu bleiben. Das könne fatal sein, wenn Betroffene ernste Symptome wie Brustschmerzen hätten oder Behandlungen einfach unterbrechen. „Wir empfehlen dringend, dass Bürger medizinischen Rat in Anspruch nehmen.“

Am Uniklinikum sind derzeit nach Angaben des Hauses zwei Corona-Patienten in Behandlung, sie sind nicht auf Beatmung angewiesen. Infektionen bei Mitarbeitern sind bislang nicht bekannt. Seite 4