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Sachsen-Anhalt CDU-Politiker steht fast allein da

Nach umstrittenen Facebook-Einträgen wird eine Abwahl des Magdeburger Stadtratsvorsitzenden Michael Hoffmann (CDU) immer wahrscheinlicher.

Von Katja Tessnow 30.01.2021, 00:01

Magdeburg l Der kommissarische CDU-Landesvorsitzende Marco Tullner sagte, er distanziere sich von den Äußerungen Hoffmanns: „Diese sind inakzeptabel.“ Über weitere Schritte müsse der Stadtrat entscheiden. Dort zeichnet sich eine Mehrheit für die Abwahl Hoffmanns ab.

Der 59-Jährige hatte gegen die Corona-Politik von Kanzlerin Angela Merkel gewettert. Auf Facebook schrieb er: „Jetzt reicht es aber endgültig. Das erinnert mich nun doch ganz, ganz schlimm an das kommunistische System. War da aus dem ZK der SED noch irgendein Mittel über? FREIHEIT statt Merkel.“ Außerdem teilte er ein Video, in dem der Virologe Christian Drosten zu sehen ist. Hoffmann dazu: „Dem Typen glaube ich kein einziges Wort mehr. Zudem ist der vom Zentralkomitee Merkel gesteuert.“

In die Debatte schalteten sich am Freitag (29. Januar) auch Landespolitiker ein. „Herr Hoffmann ist auf der schiefen politischen Ebene offensichtlich ganz unten bei den Coronaleugnern und Verschwörungstheoretikern angekommen und fügt der kommunalen Politik erheblichen Schaden zu“, sagte SPD-Landeschef Andreas Schmidt. „Bei der CDU Sachsen-Anhalt erschreckt mich, dass dort der rechtsorientierte Einzeltäter zum Serienphänomen geworden ist – und dass ein kopfloser Landesverband nicht weiß, was er dagegen machen soll.“

Grünen-Landeschef Sebastian Striegel sagte: „Was der CDU-Ratsvorsitzende äußert, ist nicht nur abseitig, sondern in einer Pandemie potenziell lebensgefährlicher Unsinn.“

Im Stadtrat formiert sich eine rot-rot-grüne Mehrheit für die Abwahl Hoffmanns. „Er ist als Vorsitzender nicht mehr tragbar“, sagte SPD-Fraktionschef Jens Rösler. „Ich lege ihm den Rücktritt nahe“, erklärte auch Olaf Meister, Fraktionschef von Grüne/future! Linksfraktionschefin Jenny Schulz sagte: „Wir fordern ihn auf, den Vorsitz abzugeben.“ Grüne/future!, SPD und Linke haben zusammen 29, mit dem ebenfalls stimmberechtigten Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) 30 Stimmen im Stadtrat. Für eine Abwahl sind 29 Stimmen erforderlich.

CDU-Fraktionschef Wigbert Schwenke sagte, er sehe Hoffmanns Äußerungen auf Facebook seit Jahren sehr kritisch, habe sich deshalb mit ihm entfreundet und ihn mehrfach gewarnt. Unterstützung bekommt Hoffmann nur von der AfD. Deren Fraktionschef Frank Pasemann (parteilos) sagte: „Die Worte von Herrn Hoffmann mögen hitzig gewesen sein, aber eine eigene Meinung zu haben, zu vertreten und auch zu äußern, ist Grundpfeiler unserer Demokratie. Es ist eine Schande für die linksdriftende CDU, sich nicht vor Hoffmann zu stellen und einen potenziellen Oberbürgermeister-Kandidaten zum Abschuss freizugeben.“ Hoffmann wollte die Rücktrittsforderungen am Freitag nicht kommentieren. Er begann seine politische Karriere als Mitglied der ersten Magdeburger Stadtverordnetenversammlung 1990 für die SPD. Er saß später für die SPD im Landtag (1994 bis 2002) und wechselte im Zorn über das „Magdeburger Modell“ (von der PDS tolerierte Minderheitsregierung) 2002 in die CDU. Heute ist er konservativer Merz-Flügelmann.

Für seine scharfen Attacken gegen politische Gegner (Linke, Grüne, SPD) ist Hoffman seit Jahren bekannt. Die Jugendvereinigungen von SPD und Linke machten 2019 gegen seine Wahl zum Ratsvorsitzenden mobil und nannten ihn „offen rassistisch und homophob“. Dennoch wählte ihn eine Ratsmehrheit 2019 ins Amt. Hoffmann hatte zuvor gelobt, das Amt überparteilich ausüben zu wollen. An seiner straffen Sitzungsleitung im Stadtrat gab es seitdem kaum Kritik. Auch im Internet hielt sich Hoffmann stark zurück – bis die Corona-Krise den Scharfsprecher zurückkehren ließ.