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Schulstart Kritik an Lehrersuche des Landes

Der Personalbedarf an Schulen in Sachsen-Anhalt ist nicht gedeckt. Projekte werden gestrichen und Klassengrößen erweitert.

Von Alexander Walter 14.08.2019, 01:01

Magdeburg | Einen Tag vor Beginn des neuen Schuljahres sehen Schulen, Lehrerverbände und Fraktionen dem Start mit Sorgen entgegen. Anlass sind Warnungen von Experten, nach denen das Schuljahr trotz Einstellung von bislang 591 Lehrern 2019 das dritte Jahr infolge mit einem Negativrekord bei der Unterrichtsversorgung werden könnte. Grund ist steigender Personalbedarf bei abnehmender Lehrerzahl. Das Bildungsministerium selbst erhebt Zahlen erst nach Schuljahresstart. Nach Volksstimme-Informationen dürften mit 197.000 aber rund 1000 Schüler mehr an den 870 Schulen des Landes lernen als noch im Jahr 2018. Gleichzeitig hat die Zahl der besetzten Lehrerstellen um rund 200 abgenommen – vor allem durch Altersabgänge. Vor dem Hintergrund des bundesweiten Lehrermangels schafft es das Land oft nicht, diese Stellen neu zu besetzen. In der Bilanz ergibt sich im Vergleich zu 2018 eine Bedarfslücke von 400 Stellen. Bereits 2018 hatte es mit 240.000 Unterrichtsstunden Totalausfall zwischen Januar und April einen Negativrekord gegeben.

Laut Schulleitungen hat das schon vor dem Schulstart Konsequenzen: Das Giebichenstein-Gymnasium Halle etwa hat angekündigt, Förderstunden ersatzlos zu streichen und wird auch im Fach Ethik kürzen. Die Lessing-Schule Salzwedel muss Klassengrößen auf 32 aufstocken, um den Unterricht abzusichern. Die Ulrich-von-Hutten-Grundschule Halle kündigte an, Projekttage zu streichen. SPD und Linke forderten als Antwort auf die Lage flexiblere Einstellungsverfahren. Das Bildungsministerium verweist auf intensive Bemühungen bei der Stellenbesetzung. „Wir befinden uns quasi in Dauerausschreibung“, sagte ein Sprecher. Demnächst werde der 3000. neue Lehrer der Wahlperiode im Dienst begrüßt. „So viele Einstellungen gab es noch nie.“

Angesichts des sich zuspitzenden Lehrermangels gerät das Verfahren des Bildungsministeriums bei Lehrer-Stellenausschreibungen zunehmend unter Beschuss. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass 550 Stellen am 26. Juni und damit nur eine Woche vor den Sommerferien ausgeschrieben wurden“, sagte Thomas Gaube, Chef des Gymnasiallehrer-Verbands, gestern. Viele Schulamtsmitarbeiter seien danach in den Urlaub gegangen. Folge sei, dass Schulen noch immer nicht wüssten, mit welchem Personal sie planen können. „So etwas darf es nie wieder geben“, sagte Gaube. Verfahren müssten früher beginnen, das Schulamt personell verstärkt werden. Die Linke geht noch weiter: „Das Problem ist nicht der Zeitpunkt, sondern, dass Bewerbungen nur befristet möglich sind“, sagte Fraktionschef Thomas Lippmann. Dadurch verliere das Land ohne Not zu viele Bewerber.

Das Ministerium teilte mit, Bewerbungsverfahren könnten nicht beliebig flexibilisiert werden. Grund seien Rechtsvorgaben. Um Stellen zu besetzen, schreibe das Land quasi permanent aus. Das Schulamt sei dazu personell aufgestockt worden. Und: Anders als 2018 habe man in diesem Jahr schon im Februar 900 Stellen ausgeschrieben. Nicht besetzte Stellen seien direkt wieder ausgeschrieben worden. Laut Experten droht dem Land im neuen Schuljahr eine Unterrichtsversorgung von nur noch 96 Prozent, in Einzelschulen unter 80 Prozent. Die Koalition peilt 103 Prozent an, um Ausfälle etwa auch bei Erkrankungen zu verhindern.