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Schummel-Software Ämter ordnen Stilllegung von Diesel-Autos an

Immer mehr Ämter in Sachsen-Anhalt ordnen die Stilllegung von Diesel-Autos mit manipulierter Abgas-Software an.

Von Alexander Walter 08.06.2018, 01:01

Magdeburg l In landesweit mindestens elf Fällen haben die Behörden bislang den Betrieb von Diesel-Autos mit manipulierter Abgas-Software untersagt. Der Altmarkkreis Salzwedel meldete  sechs Fälle, der Harzkreis vier, das Jerichower Land einen. Betroffen sind Halter von VW- und Audi-Modellen der Baujahre 2009 bis 2014 mit dem „EA 189“-Dieselmotor. Sie waren der Aufforderung, Schummel-Software durch ein Update entfernen zu lassen, trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachgekommen. Für sie gilt jetzt eine letzte Gnadenfrist.

Die Kreise sind die ersten im Land Sachsen-Anhalt, von denen solche Maßnahmen bekannt werden. Als erste Städte bundesweit hatten zuvor Hamburg und München zum allerletzten Mittel gegriffen: Nachdem auch die Anordnung der Stilllegung nicht gewirkt hatte, zogen sie Fahrzeuge zwangsweise – teils mit Polizeihilfe – aus dem Verkehr.

Landesweit drohen in Sachsen-Anhalt säumigen Besitzern von Diesel mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in den kommenden Wochen weitere Stillegungen. Allein der Bördekreis hat nach eigenen Angaben 40 Halter ultimativ aufgefordert, Diesel umzurüsten. Der Harzkreis meldet 27 Anschreiben. Im Altmarkkreis Salzwedel sind es 21, im Jerichower Land 17 und in Halle 12. Hintergrund für das Vorgehen der Behörden ist eine gesetzliche Regelung. Ihr zufolge haben Besitzer der betroffenen Diesel nach Aufruf durch den Hersteller 18 Monate Zeit, das Software-Update installieren zu lassen. Kommen sie dem nicht nach, geben die Autobauer die Daten an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg weiter. Die Behörde wiederum kontaktiert die Verwaltungen in Landkreisen und kreisfreien Städten. Die Kommunen schreiben dann die Besitzer an. Diese bekommen noch einmal vier Wochen Zeit, bevor die Ämter zur Stilllegung auffordern. Fährt der Halter auch danach weiter, kann die Kommune zu Zwangsmitteln greifen.

Wie die Volksstimme erfuhr, häufen sich in Sachsen-Anhalt die Fälle, in denen Diesel-Besitzer sich der Nachrüstung bewusst widersetzen. Das geht aus einem Papier des Landes-Verkehrsministeriums hervor.

Ein Motiv: Im Fall einer Klage gegen den Hersteller befürchten viele Halter, dass ihre Chancen auf Schadenersatz sinken, wenn sie die Umrüstung akzeptieren, sagte Christine Rettig, Sprecherin beim ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt. Das Recht auf ihrer Seite haben Besitzer dabei nicht. Das geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. Mai hervor. Selbst wenn ein Halter die Schummel-Software zu Beweiszwecken behalten will, können Kommunen die Umrüstung fordern, urteilten die Richter.

Im Land häufen sich derweil die Klagen gegen VW und Autohäuser wegen des Dieselbetrugs. 115 Fälle liegen allein beim Landgericht Magdeburg. 19 wurden gestern verhandelt. Die Chancen auf Entschädigung stehen schlecht: Zwei Urteile wurden bereits gefällt, die Kläger gingen leer aus.