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SchutzsucheWeniger Kirchenasyl in Sachsen-Anhalt

Für manche Asylbewerber, die über andere EU-Länder nach Deutschland kamen, sind die Kirchen der letzte Schutz vor einer Rückführung.

21.12.2018, 08:53

Erfurt/Magdeburg (dpa) l In Thüringen und Sachsen-Anhalt verbringen in diesem Jahr 28 Flüchtlinge, darunter neun Kinder, das Weihnachtsfest im Kirchenasyl der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM). In Thüringen halten sich 21 Frauen, Männer und Kinder in evangelischen Gotteshäusern und Pfarrhäusern auf, in Sachsen-Anhalt sieben, wie die EKM auf Anfrage mitteilte.

Die Menschen aus Somalia, dem Irak, Afghanistan, Iran, Eritrea, Nigeria, Tschetschenien und Aserbaidschan wollen unter dem Schutz der Kirche erreichen, dass Deutschland ihr Asylverfahren übernimmt und sie nicht in jene EU-Länder zurückgebracht werden, in denen sie auf ihrer Flucht zuerst ankamen.

Innerhalb der Evangelischen Landeskirche Anhalts und im katholischen Bistum Magdeburg sind aktuell keine Fälle von Kirchenasyl bekannt. "Der Trend zum Kirchenasyl ist auf dem Gebiet unserer Landeskirche inzwischen stark rückläufig", hieß es aus der Anhaltischen Landeskirche. Die Ursache liege in der zurückgegangenen Zahl der Flüchtlinge. Seit 2016 habe es in der Anhaltischen Landeskirche sechs Kirchenasyle gegeben für Menschen aus Afghanistan, Eritrea und Syrien.

Im Bistum Magdeburg, das sich über ganz Sachsen-Anhalt erstreckt, sind die Zahlen ebenfalls stark rückläufig, wie eine Sprecherin mitteilte. "Oft gibt es Beratungsangebote, die zielführender sein können als ein Kirchenasyl." Bei den zurückliegenden Fällen habe es sich immer um Dublin-Fälle gehandelt.

Nach dem sogenannten Dublin-III-Abkommen sind die Ankunftsländer für das Asylverfahren zuständig. "Dort drohen den Geflüchteten die Abschiebung auch in Kriegsgebiete, in die Deutschland nicht abschiebt, und andere unzumutbare Härten", sagte die EKM-Migrationsbeauftragte Cordula Haase der Deutschen Presse-Agentur. In Italien etwa, das seine Flüchtlingspolitik zuletzt extrem verschärft habe, sind nach ihren Angaben Mindeststandards wie die Unterbringung der Menschen nicht gesichert. "Auch Schwangere und Familien landen auf der Straße." Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erkenne dies in der Regel aber nicht als besonderen Härtefall an und lehne die Übernahme des Asylverfahrens ab.

Die Aufnahme der Betroffenen in kirchliche Räume sei dann das letzte Mittel, wenn alle rechtlichen Schritte ausgeschöpft seien, betonte Haase. Die Entscheidung darüber treffen die jeweiligen Kirchengemeinden. 2015 hatte der Bund mit den Kirchen ein geordnetes Verfahren für das Kirchenasyl vereinbart. Die Gemeinden informieren die Behörden über Menschen im Kirchenasyl und schicken ein Dossier, das Bundesamt prüft diese Fälle dann noch einmal. Die konkreten Abläufe hatte das Amt seit August dieses Jahres verschärft.

Dies sorgt laut EKM für Verunsicherung in den Gemeinden. Wenn das BAMF die sogenannten Härtefalldossiers als nicht ausreichend für die Einzelfallprüfung beurteile, könne sich das Kirchenasyl zum Schutz vor der Überstellung in die Dublin-Länder von bislang sechs auf 18 Monate verlängern. Die Gemeinden müssten deshalb sehr genau prüfen, ob sie in der Lage seien, Menschen über einen längeren Zeitraum im Kirchenasyl zu betreuen, sie mit Lebensmitteln und Kleidung zu versorgen und sich um den Schulunterricht der Kinder zu kümmern.