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Faustdicke Überraschung beim Landesparteitag in Salzwedel SPD-Chefin droht CDU mit Ende der Koalition

Von Michael Bock und Jens Schmidt 28.11.2011, 04:38

Paukenschlag beim Landesparteitag der sachsen-anhaltischen SPD am Sonnabend in Salzwedel: SPD-Chefin Katrin Budde drohte der CDU völlig überraschend mit einem Ende der Zusammenarbeit.

Salzwedel l In einer sehr emotionalen Rede attackierte Budde den Koalitionspartner CDU ungewohnt scharf. Die Union verletze Absprachen und spiele auf Zeit, um bestimmte im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziele nicht umsetzen zu müssen, sagte sie. Budde: "Ich muss die Verlässlichkeit der CDU arg anzweifeln. So wird die Regierung nicht bis 2016 halten." Und: "Wir wollen keine Spielchen spielen. Wenn die CDU spielen will, soll sie in den Sandkasten gehen." Von den Delegierten erhielt sie für ihre Rede viel Applaus. Aber: In ihrem Amt als Landeschefin wurde Budde später ohne Gegenkandidaten überraschend mit nur 68 Prozent der Delegiertenstimmen bestätigt. Sie erhielt 78 Ja-Stimmen. 26 Delegierte stimmten gegen sie, zehn enthielten sich.

Beim Streit geht es um Zugeständnisse, die die Sozialdemokraten der CDU im Frühjahr bei den Verhandlungen zur Regierungsbildung abgerungen hatten. Dazu gehören die Einführung von Gemeinschaftsschulen, das Kinderförderungsgesetz und ein Vergabegesetz, mit dem Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen verhindert werden soll.

Buddes Linie sorgte am Rande des Parteitags für viel Gesprächsstoff. Der Bundestagsabgeordnete Burkhard Lischka sagte: "Budde hat deutlich gemacht, wo die Grenzlinien der SPD liegen. Sie hat der CDU gezeigt, dass erheblicher Druck auf dem Kessel ist. Ich habe keine Angst vor Neuwahlen."

Der Landtagsabgeordnete Tilman Tögel sagte: "Die CDU blockiert und trickst, wo sie nur kann. Sie bewegt sich nur bei massivem Druck." Andere kritisierten "Störfeuer" und "Querschüsse" aus einer CDU-Fraktion, die ein "Hühnerhaufen" sei. Viel war von "unterschwelligem Misstrauen" in den Landtagsausschüssen die Rede. CDU-Politiker wie etwa Finanzpolitikerin Eva Feußner träten als "Opposition in der Koalition" auf. SPD-Vizechef Rüdiger Erben sagte: "Es hat sich einiges angehäuft. Daher bedurfte es einer klaren Ansage."

Andere wunderten sich über die Schärfe, die Budde in die Diskussion gebracht hat. Sozialminister Norbert Bischoff sagte: "Es ist nicht einfach mit der CDU. Ich hätte aber die Koalition nicht infrage gestellt. Ich muss mich doch fragen, welche Alternativen ich habe. Es besteht die Gefahr, als Tiger zu springen und als Bettvorleger zu landen."

Auch Kultusminister Stephan Dorgerloh fand die Rede überzogen: "Das ist nicht die Stimmung im Kabinett." Andere aus der Ministerrunde sagten, die Zuspitzung sorge für viel böses Blut in der Koalition: "Das erschwert die Arbeit." Das Gesicht von Jens Bullerjahn war nach Buddes Rede zur Faust geballt. Der zu impulsiven Reaktionen neigende Finanzminister blieb wortkarg, er konnte sich aber nur mühsam beherrschen.

Die CDU reagierte prompt und beteuerte, sie sei ein verlässlicher Koalitionspartner - der aber eigene Schwerpunkte setze. "Für die CDU-Fraktion gilt der Koalitionsvertrag, nicht aber das SPD-Wahlprogramm", sagte CDU-Fraktionschef André Schröder.

Am 2. Dezember tagt der Koalitionsausschuss von CDU und SPD. Budde forderte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) auf, sich persönlich in die Diskussion einzuschalten. "Der Ball liegt jetzt ganz klar im Feld der CDU", sagte sie. Seiten 2 und 3