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Bundestag „Scholz-Effekt“ und fehlende Ost-Themen: Wahlanalysen laufen

Noch vor wenigen Monaten erlebte die CDU bei der Landtagswahl einen Höhenflug. Nun fuhr sie ihr schlechtestes Bundestagswahl-Ergebnis ein. Die SPD hingegen zeigt, dass sie auch gewinnen kann. Die Suche nach den Ursachen läuft.

Von dpa Aktualisiert: 29.09.2021, 05:37
Sachsen-Anhalts Fraktionschefin Katja Pähle.
Sachsen-Anhalts Fraktionschefin Katja Pähle. Matthias Bein/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Wählerinnen und Wähler haben mit ihren Kreuzen bei der Bundestagswahl die Kräfteverhältnisse zwischen CDU und SPD massiv verändert. Die CDU erreichte nur 21,0 Prozent der Zweitstimmen und schnitt in Sachsen-Anhalt damit so schlecht ab wie nie zuvor bei einer Bundestagswahl. Die SPD wurde strahlende Wahlsiegerin und kam auf 25,4 Prozent - rund zehn Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren und das beste Ergebnis seit 2005. Auf Rang drei landete die AfD mit 19,6 Prozent - derselbe Wert wie 2017.

CDU-Landeschef Sven Schulze führte das schlechte Ergebnis auf Versäumnisse der Bundesebene zurück. „Ein Grund ist, dass es ein Wahlkampf war, wo zu wenig auf die speziellen Belange der Ostdeutschen eingegangen wurde. Da haben am Ende die Kandidaten in den Direktwahlkreisen drunter leiden müssen.“ Die CDU, die 2017 alle Wahlkreise gewonnen hatte, verlor nun sechs der neun Direktmandate an SPD und AfD. Schulze forderte eine „schonungslose Analyse“. „Am Ende ist es fast schon eine Katastrophe, dieses Ergebnis.“

Bei der Landtagswahl am 6. Juni hatte die CDU ein unerwartet starkes Ergebnis von 37,1 Prozent geholt. Sie regiert im Land nun mit SPD und FDP.

Die SPD-Landesvorsitzende Juliane Kleemann sieht den Wahlsieg in Sachsen-Anhalt unterdessen in einem „Scholz-Effekt“ begründet sowie in der Geschlossenheit der Partei. Die SPD sei nicht als „zersplitterter Haufen aufgetaucht“, sondern „als eine Partei, die weiß, dass sie nur gemeinsam gewinnen kann. Und das ist ja was, das uns viele überhaupt nicht mehr zugetraut haben.“

Verbessern konnten sich am Sonntag auch die FDP und die Grünen. Die FDP bekam 9,5 Prozent, nachdem sie vor vier Jahren 7,8 Prozent erreicht hatte. Die Grünen erreichten mit 6,5 Prozent ihr bestes Ergebnis im Land bisher. 2017 waren es nur 3,7 Prozent. Stark büßten die Linken ein, die auf gerade einmal 9,6 Prozent kamen. 2017 hatte die Linkspartei 17,7 Prozent erzielt.

Dass die CDU nun Anspruch auf die Führung der nächsten Bundesregierung erhebe, halte sie für ein Ablenkungsmanöver, sagte SPD-Politikerin Kleemann. „Ich finde es bemerkenswert, an der Stelle sich hinzustellen und zu sagen, wir können eine nächste Regierung anführen ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass die CDU überall mit einem Verlust über die Ziellinie gegangen ist.“ Die Balken seien nach unten gegangen. „Wenn man das nicht hören will, dann wundert mich das schon sehr. Das ist auch eine Form von Realitätsverweigerung.“ SPD-Landtagsfraktionschefin Katja Pähle sagte bei MDR Aktuell: „Die Bürgerinnen und Bürger haben mit ihrem Wahlergebnis gezeigt, dass sie Olaf Scholz als Bundeskanzler wollen“.

Aus der Wirtschaft kamen Forderungen nach einer raschen Regierungsbildung. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg, Klaus Olbricht, erklärte: „Ich erwarte, dass die Koalitionsverhandlungen trotz des engen Wahlausgangs schnell zu einem Ergebnis führen“. Und: „Wir dürfen keine Zeit verlieren, um die großen Herausforderungen und Aufgaben wie die Bewältigung der Corona-Folgen, die Digitalisierung und den Klimawandel entschieden anzugehen.“ Ähnlich äußerte sich die Handwerkskammer Halle.

Aus der Handwerkskammer Magdeburg hieß es: „In den kommenden Jahren braucht es eine Politik, die unsere Betriebe entlastet und stärkt. Die nächste Bundesregierung muss sicherstellen, dass Steuern zu verkraften sind, Sozialbeiträge nicht weiter ansteigen und Bürokratie unsere Handwerkerinnen und Handwerker nicht erdrückt.“