Beraterverträge SPD schaltet auf Reinwasch-Modus
Der Landtag hat am Donnerstag über umstrittene Beraterverträge diskutiert.
Magdeburg l Im Zentrum der Debatte steht Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD). Doch der schweigt. Erst am 14. September will er im Finanzausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen. Es spricht der neue Finanzminister André Schröder (CDU) -und der geht gleich zu Beginn seiner Rede auf Distanz zu einem umstrittenen Millionenvertrag des Finanzministeriums mit der Landes-Investitionsbank. Der Vertrag sei „schon während seiner Entstehung nur unzureichend kommuniziert“ worden, sagt er. „Es ist mehr Transparenz erforderlich.“
An einer anderen Stelle sagt er: „Ich selbst hätte es für richtig gehalten, einen derartigen Vertrag erst zu unterzeichnen, wenn im Parlament ein entsprechender Haushaltsbeschluss gefasst worden wäre. Auch eine Behandlung des Vertrages im Finanzausschuss hätte ich für notwendig erachtet.“
Felgner hatte 2013, damals noch Finanz-Staatssekretär, einen 6,3-Millionen-Euro-Vertrag mit der Investitionsbank unterzeichnet, ohne zuvor den Landtag einzubinden. Akten bestärken den Verdacht, dass das Parlament ausgetrickst wurde. Außerdem, auch das belegen interne Unterlagen, warnten Spitzenbeamte aus dem Finanzministerium mehrfach und eindringlich, den Finanzausschuss des Landtags zu umgehen. Felgner selbst war in den Vorgang frühzeitig eingebunden.
Matthias Büttner (AfD) sagt, es liege der Verdacht nahe, dass es „regelrechte Umgehungsstrategien“ gebe, „um am Parlament Gelder vorbeizuschleusen“. Es mache den Eindruck, „als hätte man sich eine Nebenkasse geschaffen, in der Steuergelder veruntreut würden: „Das ist ein Skandal!“ In der AfD-Fraktionssitzung am Dienstag habe Felgner „unbefriedigende“ Antworten gegeben. Büttner: „Die Mehrheit der Fraktion neigt dazu, Felgner zum Rücktritt aufzufordern.“ Mit einem so intransparenten Verhalten sei er als Wirtschaftsminister „nicht tragbar“. Büttner: „Unser Land ist kein Selbstbedienungsladen."
AfD-Politiker Robert Farle kündigt an, dass strafrechtliche Konsequenzen geprüft würden.
Felgner hört bei den Reden zu, hin und wieder blickt er auf sein Handy oder macht sich eine kurze Notiz auf seinem Zettel. Leute, die ihn gut kennen, sagen: „Er kämpft um sein Amt.“ Felgner hat zuletzt in internen Runden Zuversicht verströmt, er wähnt die lange Zeit zaudernde SPD hinter sich. Tatsächlich hält SPD-Finanzpolitiker Andreas Schmidt eine War-eigentlich-was?-Rede. „Ich habe Akten gesehen. Nach erster Einsicht ist mir deutlich geworden, dass zahlreiche Vorwürfe so nicht in den Akten belegbar sind.“Und: „Der Vorgang eignet sich ganz bestimmt nicht für eine Skandalisierung.“ Der AfD wirft er „billige Polemik“ vor.
Offen lässt Schmidt allerdings, welche Akten genau welchen Vorwurf entkräften könnten.
Nach seiner Rede gibt es spärlichen Applaus aus der SPD-Fraktion – und auch nur dort. Beim Koalitionspartner CDU ist es totenstill. Als „unterirdisch“ wird die Rede später bezeichnet. „Er hat den Waschgang eingeschaltet“, heißt es auf den Landtagsfluren.
CDU-Finanzpolitikerin Eva Feußner wird deutlicher. Auch sie hat in die Akten schauen können. Das Vorgehen bei der Vertragsgestaltung lasse sich „nur schwer nachvollziehen“, sagt sie. Die zeitlichen Abläufe seien „fragwürdig“, und das sei auch auf Arbeitsebene im Ministerium kritisch gesehen worden. „Ich erwarte eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge“, sagt Feußner. „Die damalige Hausspitze des Finanzministeriums steht im Fokus und damit ganz besonders in der Verantwortung.“ Im Finanzausschuss am 14. September gebe es eine „sehr hohe Erwartungshaltung“. Außerdem: „Wir werden in Zukunft wesentlich genauer hinschauen bei solchen Dingen.“
Grünen-Politiker Olaf Meister sagt nach erster Sichtung der Akten, es ergäben sich viele Fragen. Wieso sei der Umweg über die Investitionsbank gewählt worden? Wo genau hätten Ministeriumsmitarbeiter die politische Brisanz bei den Vorgängen gesehen? Warum war der Vertrag in Teilen so unkonkret?
Swen Knöchel (Linke) beklagt eine „Gutachteritis“ und sagt mit Blick auf die Zusammenarbeit von Land und Investitionsbank: „Eine Bank ist nicht mehr eine Bank. Manchmal macht sie andere Dinge.“