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Streit um Lehrerstellen hält aber weiter an SPD will Zwergschulen schließen lassen

Von Jens Schmidt 28.11.2012, 02:19

Sachsen-Anhalts SPD will größere Grundschulen. Zwergschulen mit weniger als 50 Kindern soll es ab 2014 nicht mehr geben. In dicht besiedelten Regionen soll die Vorgabe bei 60 Schülern liegen. Gut 70 Standorte stehen vor dem Aus.

Magdeburg l In der Auseinandersetzung zwischen den SPD-Ministern Jens Bullerjahn (Finanzen) und Stephan Dorgerloh (Kultus) um die künftige Schullandschaft hat es gestern in der SPD-Landtagsfraktion Bewegung gegeben. Die Fraktion einigte sich darauf, dass die Vorgaben für Schulgrößen verschärft werden. Allerdings soll es erstmals eine regionale Differenzierung geben:

m In dünn besiedelten Regionen wie in der Altmark, im Harzvorland und im Fläming sollen Grundschulen mindestens 50 Schüler haben. Ab 2016 steigt die Vorgabe auf 60 an.

m In allen anderen Regionen ist eine Mindestschülerzahl von 60 vorgesehen. Ab 2016 klettert die Vorgabe auf 80.

"Schulen müssen eine Größe erreichen, bei der sie nicht alle zwei Jahre in Frage gestellt werden", sagte SPD-Fraktionschefin Katrin Budde.

Die SPD muss das Konzept mit Koalitionspartner CDU abstimmen. Am 5. Dezember soll der Bildungsausschuss die Weichen für die ab 2014 gültige Schulnetzplanung stellen. Bislang gibt es eine Mindestvorgabe von 60 Schülern für alle Regionen. Allerdings gibt es viele Ausnahmen. In 75 Schulen werden derzeit weniger als 60 Schüler unterrichtet. Viele dieser Sondergenehmigungen würden mit der Neuregelung wegfallen. Um aber lange Schulfahrten zu vermeiden, will man zeitraubende Schulbus-Rundfahrten über mehrere Dörfer abschaffen.

Die Schließung kleiner Schulen gilt als ein Mittel, die Lehrerschaft zu verkleinern. Die Regierung will in den nächsten acht Jahren 2000 der derzeit 14 400 Vollzeitstellen streichen.

"Die Regierung fährt die Schule gegen die Wand"

Würden etwa 70 Schulen schließen, rechnet Bullerjahn allein dadurch mit etwa 350 weniger Stellen. Da die Mindestvorgaben in den nächsten Jahren angehoben werden und es Schul-Sanierungsgelder ohnehin nur für Schulen mit mehr als 80 Schülern gibt, kommt Bullerjahn seinem Ziel nahe, künftig etwa 150 kleine Grundschulen zu schließen. Die Lehrergewerkschaft GEW hält diese Einsparvorstellungen für maßlos übertrieben. Landeschef Thomas Lippmann: "Wenn kleine staatliche Schulen zumachen, werden freie Träger wie die Kirchen in die Lücken springen, weil viele Leute die Schule im Dorf behalten wollen. Dann hat das Land zwar in der Statistik weniger Lehrerstellen, ist ja aber verpflichtet, nicht unerhebliche Finanzzuschüsse an die freien Schulen zu leisten."

Umstritten bleibt, wie viele junge Lehrer jährlich neu in die allgemeinbildenden Schulen hinzukommen müssen. Wegen der hohen Überalterung geht Kultusminister Dorgerloh von jährlich 380 aus. Finanzminister Bullerjahn will mit maximal 200 auskommen. Die GEW hält hingegen 600 Neueinstellungen für erforderlich. "Andernfalls fährt die Regierung das Schulsystem gegen die Wand", sagt Lippmann.

Doch würde die Regierung den Einstellungskorridor für Lehrer verbreitern, würden auch andere Ressorts mehr Personal fordern. Allein das Agrarministerium hat einen Zusatzbedarf von 300 Fachleuten. CDU-Fraktionschef André Schröder warnt: "Lehrer-Neueinstellungen dürfen nicht zu Lasten der übrigen Landesverwaltung gehen. Die ist nämlich schon ausgepresst."

Seiten 3 und 5