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Sprecherin AfD-Vorstand zieht Kündigung zurück

Hat Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsspitze mit dem Ausspähen eines Dienstrechners arbeits- und datenschutzrechtliche Regeln verletzt?

Von Michael Bock 17.10.2018, 19:58

Magdeburg l Kehrtwende marsch! Nachdem am Dienstag die Spitze der AfD-Landtagsfraktion in einer Pressekonferenz die fristlose Kündigung der Fraktionssprecherin verkündet hatte, wurde am Mittwoch heftig zurückgerudert. Der Parlamentarische Geschäftsführer Robert Farle bestätigte der Volksstimme, die fristlose Kündigung sei zurückgenommen worden sei. Noch am Dienstag hatten er sowie Fraktionschef Oliver Kirchner und der 1. Vize-Vorsitzende Ulrich Siegmund die Arbeit der Fraktionssprecherin mit viel Tamtam und in aller Öffentlichkeit nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen.

Hauptvorwurf war, dass sie während ihrer Kerntätigkeit fraktionsfremde Leistungen erbracht habe. Konkret: Sie soll unzulässiger Weise Parteiarbeit für den früheren Landes- und Fraktionschef André Poggenburg geleistet haben. Dazu liegt ein 65-seitiges Papier vor, eine Art Anklageschrift. Die Dokumentation beruht auf Informationen, die vom Dienstrechner der Sprecherin stammen. Im dem Papier wird etwa der Vorwurf erhoben, die Sprecherin sei „immer ungehemmter nicht nur fraktionsfremd, sondern auch machtpolitisch zugunsten des André Poggenburg“ tätig geworden. Sie habe wiederholt versucht, über Poggenburg „Einfluss auf die politisch-thematische Ausrichtung der Partei zu nehmen“.

In dem Bericht ist detailliert aufgelistet, mit welchem Journalisten die Sprecherin wann genau im Gespräch war. Redakteure etwa der Zeit, Bild, Welt, FAZ, ARD, ZDF, MDR, dpa oder der Volksstimme und der Mitteldeutschen Zeitung werden namentlich genannt. Der E-Mail-Verkehr ist akribisch dokumentiert. Selbst der private E-Mail-Account eines Journalisten ist erkennbar.

Der Bericht war den Teilnehmern der Fraktion am Dienstag zunächst vorgelegt worden. Dann aber wurde er wieder eingesammelt. Aus Angst, dass er weitergegeben werden könnte, heißt es. Die Fraktion, die über die Pressekonferenz nicht informiert worden war, stoppte die fristlose Kündigung. Die Sache dürfte jetzt auch eine rechtliche Dimension bekommen. Auf welcher Grundlage wurde der Laptop der Mitarbeiterin ausgespäht? Wieso wurden Namen von Journalisten aus Datenschutzgründen nicht geschwärzt? Ein versierter Jurist bewertete die Vorfälle gestern so: „Das ist arbeits- und datenschutzrechtlich höchst fragwürdig. Es sind viele offene Fragen zu klären.“ Der Sprecherin ist indes zum 31. Dezember ordentlich gekündigt worden. Offiziell heißt es: aus Umstrukturierungsgründen. Die AfD will künftig auf einen Pressesprecher verzichten.