Befürchtete Proteste blieben bei erster Informationsveranstaltung im Süden aus / Minister nimmt Druck aus der Diskussion und plant bis November "Workshops" Stahlknecht will die Kommunen in Reformpläne der Polizei einbeziehen
Halle/Magdeburg l Der Protest gegen die geplante Reform für die Polizei in Sachsen-Anhalt hat sich auf der ersten von zwei zentralen Informationsveranstaltungen im Süden des Landes am Dienstagabend in Halle in Grenzen gehalten. Darüber zeigte sich Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht anschließend erleichtert: "Das lief ja richtig gut!"
Ob dies am kommenden Donnerstag um 18 Uhr im Audimax der Hochschule in Magdeburg in der Breitscheidstraße ähnlich aussehen wird, bleibt offen. Denn bereits nach der Veröffentlichung der Pläne, dass alle 72 Revierstationen im Land geschlossen werden sollen und durch 190 Regionalbereichsbeamte in den Gemeinden ersetzt werden, hatte es Proteste der Kommunen gehagelt.
"Das ist die Abschaffung der Sicherheit der Bürger."
Frank von Holly, Ortsbürgermeister aus Möckern
So sagte Ortsbürgermeister Frank von Holly aus Möckern (Jerichower Land): "Das ist keine Reform, sondern die Abschaffung der Sicherheit des Bürgers." Auch Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein schimpfte im Vorfeld: "Ich halte von dem ganzen Quatsch nichts."
Ähnlich aufgeheizt war zunächst auch in Halle die Stimmung. So sagte der Ortsbürgermeister von Wettin im Saalekreis: "Vor allem bei unseren älteren Menschen ist die Verunsicherung groß, dass zu wenig Polizei auf der Straße in der Fläche zur Verfügung steht."
Stahlknecht trat in einer langen Argumentationskette den besorgten Wortmeldungen von Bürgermeistern und Landräten entgegen. Die gegenwärtige Struktur sei untauglich für den Personalbestand von inzwischen nur noch 6800 Beamten, der zudem von hohem Krankenstand und absehbaren Vorruhestandsregelungen geprägt sei.
Hinzu käme, dass es einen Investitionsstau bei der Polizei in Höhe von 154 Millionen Euro gibt. 40 Prozent des Haushaltes werde für die Finanzierung der Liegenschaften ausgegeben. Stahlknecht: "Deshalb muss es eine Reform geben. Entweder wir fahren auf Sicht und stopfen nur Löcher, oder wir packen es grundlegend an." Er versprach, nicht vor Mai nächsten Jahres eine Entscheidung treffen zu wollen. Die bereits vorgestellten beiden Varianten seien von den Experten erarbeitete "Grundmodelle".
"Diese müssen wir jetzt gemeinsam diskutieren und ich lade alle Bürger dazu ein, sich in gemeinsamen Workshops im Land bis November dieses Jahres zu beteiligen", sagt er.
"Es soll mehr Indianer und weniger Häuptlinge geben."
Holger Stahlknecht, Sachsen-Anhalts Innenminister
Er wolle auf gar keinen Fall eine Reform, "die an allen vorbeigehe".
Den Befürchtungen, dass durch die geplanten Schließungen der Polizeistationen in den Gemeinden Beamte abgezogen werden, entgegnete er: "Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen durch die Reform in erster Linie Personal in der Führungsstruktur freisetzen und dadurch Kräfte gewinnen. Es soll mehr Indianer und weniger Häuptlinge geben."
Polizeikommissariate könnten zum Beispiel auch weiterhin Außenstellen einrichten, wenn sie benötigt werden. Jede Verbands- oder Einheitsgemeinde erhalte mindestens zwei Regionalbereichsbeamte. "Die sollen feste Sprechzeiten im Rathaus oder von mir aus auch in der bisherigen Polizeistation haben, ansonsten will ich sie an der frischen Luft sehen." Dies seien allein fast 200 Einsatzkräfte.
Mehr als 1000 Beamte wolle Stahlknecht außerdem in 25-Kilometer-Radien mit Funkstreifenwagen einsetzen, die in dem Bereich bleiben sollen. "Jetzt haben wir noch ein ganz anderes System. Da fahren die Wagen von den Kommissariaten los und legen weitere Strecken zurück.
Uwe Petermann von der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen-Anhalt bleibt skeptisch: "Das Problem liegt im Abbau des Personals. Und das ist kein Ergebnis einer Naturkatastrophe, sondern eine Entscheidung des Landtages."