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Steuer-Schwarzbuch Luxus-Mülltonnen und goldenes Haus

Der Bund der Steuerzahler geht davon aus, dass jährlich Milliardenbeträge verschleudert werden. 13 Beispiele aus dem Schwarzbuch.

Von Matthias Fricke 06.10.2017, 01:01

1. DER LÄNGSTE SCHWARZBAU: Eine 8,4 Millionen Euro teure Umgehungsstraße sollte das ostfriesische Bensersiel an der Nordseeküste vom Durchgangsverkehr entlasten. Dies war aber nur kurz der Fall gewesen, denn seit Monaten ist sie gesperrt. Der Grund: Die 2,1 Kilometer lange Strecke führt durch ein europäisches Vogelschutzgebiet und wurde deshalb für illegal erklärt. Im schlimmsten Fall muss die Straße wieder beseitigt werden – auf Kosten der Steuerzahler.

2. DÜSSELDORF KOMMT UNTER DIE RÄDER: Dortmund und Hamburg haben gute Erfahrungen mit runden Radhäuschen gemacht. Statt auf dieses bewährte Modell zu setzen, geht Düsseldorf seinen ganz eigenen Weg – dort sind die Fahrradhäuschen eckig – was unpraktisch und teuer ist. Der Prototyp dort kostet 22.000 Euro inklusive Transport. Das ist mehr als doppelt so teuer wie die Hamburger Variante. Zudem passen statt zwölf nur zehn Räder ins Düsseldorfer Radhaus.

3. WC-PANNE IN DER JVA MÜNCHEN: Aus dem Prestigeobjekt der bayerischen Justiz wurde eine teure Panne. Der für rund 17 Millionen Euro errichtete Hochsicherheits-Gerichtssaal auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim wurde während des ersten Prozesstages für verhandlungsuntauglich erklärt. Der Grund: Es fehlte an Toiletten in den Vorführzellen.

4. KUNST AN DER ALTEN LINDE: Im hessischen Oberursel wird eine 400 Jahre alte sterbende Linde künstlerisch in den Blickpunkt gerückt – mit Vitrine ohne Glas (Foto oben). Vor Ort sind Lesungen geplant. Die Kosten für das Gesamtprojekt betragen rund 77.000 Euro. Angesichts des abgelegenen Standorts nahe der Autobahn hält der Steuerzahlerbund eine dauerhaft rege Beteiligung an den Lesungen für fraglich.

5. HAUSFASSADE AUS BLATTGOLD: In Hamburg-Veddel, einem Stadtteil mit sozialen Herausforderungen, versah ein Künstler die Hausfassade eines Mehrfamilienhauses mit echtem Blattgold – auf einer Fläche von 300 Quadratmetern. Die Kulturbehörde stellte für dieses Projekt exakt 85.621,90 Euro aus Steuermitteln zur Verfügung.

6. PANNEN-PARKHAUS IN WINSEN: Ein neues Parkhaus im niedersächsischen Winsen (Luhe) bereitet der Stadt Kopfzerbrechen. Nachdem sich die Baukosten um drei Millionen auf 10,9 Millionen Euro erhöht hatten, steht die Anlage in den ersten Monaten weitgehend leer. Dauerhafte Verluste sind ohnehin geplant, weil das Land kostendeckende Entgelte verbietet.

7. BAUPFUSCH BEIM BUNDESTAG: Auf fast 47 Millionen Euro beziffert der Steuerzahlerbund die Mehrkosten durch Pfusch bei der Erweiterung der Gebäude des Bundestages. Wegen eines Schadens an der Bodenplatte des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses wird der Bau deutlich teurer, die Fertigstellung verzögert sich über das Planungsdatum 2014 hinaus. Zusatzkosten entstehen auch durch nötige Ersatzbüros.

8. GEWALTIG AUF DEM HOLZWEG: Die Stadt Hameln wollte schutzwürdige Bäume in ihren Ortschaften per Gutachten erfassen lassen – und verrechnete sich dabei katastrophal. Die Kosten schossen in den Himmel. Statt 8500 Euro musste die Stadt satte 130.000 Euro hinblättern. Der Aufwand, aus rund 16.000 Gehölzen die schützenswerten Exemplare zu bestimmen, war völlig unterschätzt worden.

9. KEIN LICHT AM ENDE DES TUNNELS: Die Sanierung des Rendsburger Tunnels unter dem Nord-Ostsee-Kanal wird zur Endlosbaustelle: Aus geplanten drei Jahren Bauzeit würden mindestens 20 Jahre. Statt 25 Millionen zahlt der Steuerzahler mehr als 70 Millionen Euro. Nicht einbezogen seien die wirtschaftlichen Folgen durch Sperrungen, Umleitungen und tägliche Staus.

10. FLEDERMAUS-QUARTIER AN DER BRÜCKE: Die Autobahn 19 muss teilsaniert werden: Dafür muss eine Brücke über den Petersdorfer See abgerissen, eine neue gebaut werden. Dort ansässige Fledermäuse sollen umgesiedelt werden. Dafür wird eigens ein Fledermausquartier gebaut. Selbst Experten bezweifelten, dass die Fledermäuse das neue Zuhause annehmen. Kosten: rund 500.000 Euro.

11. HIGH-TECH-MÜLLTONNE: Potsdam und Köln testen solarbetriebene Luxus-Mülltonnen. Der „Solar-Presshai“ komprimiert den Müll, so dass er seltener geleert werden müsse. Leider geht die Rechnung nicht auf: Die Kölner Stadtreinigung geht sogar von Mehrkosten in Höhe von 2000 Euro pro Tonne aus. Zudem benötigt der 8000 Euro teure Mülleimer auch mehr Wartung.

12. STADTREINIGUNG GIBT KOCHTIPPS: Der Hamburger Senat beschloss, dass die Bürger ab 2018 neben der Wegereinigungsgebühr zusätzlich eine Straßenreinigungsgebühr zahlen müssen. Die Einnahmen sollen der Stadtreinigung zugute kommen. Die aber scheint finanzielle Puffer zu haben. Mehr als 22.400 Euro gab die Stadtreinigung aus, um ein Kochbuch zu veröffentlichen. Dieses sollte „mit 68 leckeren Rezepten Appetit auf Nachhaltigkeit“ machen.

13. FEHLENDER DURCHBLICK: Teuer zu stehen kommt die Steuerzahler die Erneuerung der Fensterfront der Westfassade des Maximilianeums – dem Sitz des bayerischen Landtags in München. Dort wurde Fensterglas gleich zwei Mal hintereinander ausgetauscht. Grund: Das zunächst verbaute „historisierenden Goetheglas“ war „nicht klar durchsichtig“ und störte so den Blick auf die Stadt. Es wurde durch durchsichtiges Glas ersetzt. Extrakosten: 120.000 Euro!

Der Steuerzahlerbund führt in seinem neuesten Schwarzbuch auch vier Fälle aus Sachsen-Anhalt auf.